Trotz der vielen Aufsätze und Bücher über die Geschichte des Protestantismus in Österreich ist das Leben vieler Männer und Frauen; die in schwierigen Zeiten als Zeugen des Evangeliums auftraten, noch immer nicht erforscht und bekannt. Manche tauchen nur einmal bei einem entscheidenden Ereignis auf, dann versinkt ihr Leben wieder im Dunkel des Unbekannten

Zu denen; die immer wieder, freilich an verschiedenen Orten, erscheinen und überall und trotz aller Gefahren und Widerstände als Zeugen des Evangeliums wirken, gehört Johann Hauser.
Aber auch bei ihm sind die biographischen Daten nicht bekannt. Er setzt am 16. Jänner 1566 in Klagenfurt mit 25 anderen Pfarrern seine Unterschrift unter ein öffentliches und offizielles Bekenntnis der Kärntner evangelischen Pfarrerschaft, das dem Landtag gegen den Widerstand der Prälaten vorgelesen wird. Dieses „Christliche einfältige Bekenntnis“ wurde dann auch gedruckt und zählt zu den wichtigen Aussagen über den Inhalt evangelischen Glaubens im Reformationsjahrhundert in den innerösterreichischen Ländern

Mit dieser Unterschrift wird die Person Johann Hausers zum ersten Mal faßbar. Vier Jahre später gehört er zum evangelischen „Ministerium“ in Klagenfurt und wird in demselben Jahr der Erste in diesem kirchenleitenden Gremium; gelegentlich wird er daher auch als „Superintendent“ bezeichnet. Freilich blieb er nicht mehr lange in Klagenfurt; im Jahre 1574 gibt er bereits als Pfarrer von Villach seinen „Katechismus“ heraus

Die Ursache für diesen Wechsel dürfte wohl in der Stellung Hausers in den Auseinandersetzungen gesucht werden müssen, die damals das Luthertum erfüllten. Es waren in dem Erbe Luthers manche Fragen nicht aufgearbeitet und theologische Probleme erst auszudiskutieren. Da es sich um Fragen des Bekenntnisses handelte, die man für Christen als „hochwichtig“ ansah, und da eine ganze Reihe von derartigen Auseinandersetzungen infolge der Verquickung von Bekenntnis und Politik auch zur Anwendung von landesfürstlichen Zwangsmitteln führte, erhielten die Disputationen eine unmittelbar das Leben der Beteiligten beeinflussende Dimension. Eine dieser Fragen war die nach der Bedeutung der Erbsünde für das Wesen des Menschen. Und Hauser nahm dabei – im Gegensatz zu den adeligen Ständen des Landes – Partei für Matthias Flacius, der die Erbsünde als eine derartige Gewalt beschrieb, die das ganze Wesen des Menschen verdorben hätte, daß sie gewissermaßen selbst Inhalt des Wesens des Menschen geworden war

Aber auch in Villach konnte Hauser mit dieser Ansicht nicht bleiben. In den Jahren nach 1580 wurde über Betreiben des innerösterreichischen Superintendenten Jeremias Hornberger in Graz von allen Predigern in der Steiermark, in Kärnten und Krain die Unterschrift unter ein Dokument verlangt, das als „Conkordienformel“ diese Auseinandersetzungen beenden sollte. Die Anhänger des Flacius weigerten sich weithin, diese Einigungsformel zu unterschreiben. Und so kam für Hauser der Augenblick, wo er sein Wirkungsfeld in der Stadt an der Drau verlassen mußte

Wie nahe ihm diese Ausweisung ging, kann aus der Widmung seiner 1583 erschienenen Neuauflage des Katechismus ersehen werden, die er in seinem neuen Wirkungsort Donnerskirchen am Leithagebirge verfaßt hatte. Sie gilt der „einfältigen Jugend zu Villach“. Auch im Vorwort dieses nunmehr recht umfangreich und zu einer Darlegung der lutherischen Glaubenslehren gewordenen Buches gedenkt er ausführlich der Zeit seines Wirkens in Villach

Warum sich der Prediger gerade in diesen Teil Westungarns gewandt hat, der der königlichen Pfandherrschaft Eisenstadt zugehörig war, ist nicht bekannt. Jedenfalls hat ihn der Hauptmann dieser Herrschaft, Seyfreid von Kollonitsch, unterstützt und gefördert. Und jedenfalls gelang es Hauser auch in Donnerskirchen, seine Predigt und Verkündigung als lebendiges Zeugnis von Christus als einem einzigen „Genugtuer“ zu gestalten, daß ein unmittelbares konfessionelles Bewußtsein entstand

Denn auch in Donnerskirchen war seines Bleibens nicht lange. Freilich waren es hier nicht die Auseinandersetzungen innerhalb des Luthertums, sondern das Voranschreiten der Gegenreformation, das ein weiteres Bleiben Hausers verhinderte. Zunächst aber schien alles gut zu gehen, er konnte einen eigenen Besitz erwerben (einen Weingarten). die Gemeinde schenkte ihm dazu eine schöne Wiese; für seine „Schäflein“, wie er seine Gemeindeglieder in Donnerskirchen bezeichnet, kann er auch einen Schulmeister anstellen.
Aber bereits am 30. Juli 1582 erschienen zwei kaiserliche Kommissäre in Donnerskirchen, die den Auftrag des landesfürstlichen Klosterrates hatten, Hauser zu entfernen und einen katholischen Priester einzusetzen. Freilich ging das nicht so einfach. Nicht nur, daß die Herrschaft in Eisenstadt die „Amtshandlung“ zu behindern suchte, trat vor allem auch die Gemeinde zu Donnerskirchen dem Ansinnen recht heftig entgegen, sodaß der Kommissar in seinem Bericht schreibt, „sy hetten viII mehr zu ainer aufruhr als zur gehorsambst lust gehabt“. „Das Wainen, heilen und schreyen ist bey grossen und khlainen und bey Jungen und alten also gross gewest“, als Hauser tatsächlich den Ort verlassen mußte. Er kehrte noch einmal nach Donnerskirchen zurück, um die Ernte seines Weingartens zu verkaufen, und zog dann in das niederösterreichische Waldviertel

Freilich war die von ihm ausgestreute Saat so sehr aufgegangen, daß es noch recht lange dauerte, bis das Luthertum in Donnerskirchen ausgerottet war. Zunächst konnte sich der katholische Pfarrer überhaupt nicht halten, dafür gab es einen evangelischen Schulmeister, und auch noch mehr als fünfundzwanzig Jahre später wird von ketzerischer Starrheit der Donnerskirchener gesprochen.
Nun wurde der Weg Hausers erst recht unstet. Er wurde im Waldviertel in einer Kirche angestellt, deren Besetzungrechte strittig waren, konnte sich dort (in St. Wolfgang bei Weitra) trotz der Unterstützung des Herrschaftsbesitzers Christoph von Prag, der ihm auch ein eigenes neues Pfarrhaus bauen ließ, nicht halten, wurde sogar in Wien inhaftiert, kehrte noch einmal für einige Zeit nach St. Wolfgang zurück und bezeichnet sich in der Vorrede der neuen Auflage seines Katechismus, die 1594 erschienen ist, als Pfarrer von Nusla in Mähren. Das ist die letzte Nachricht, die von Hauser bekannt ist

Was er zu säen versuchte, hat die spätere Gegenreformation weithin zertreten, von seinen Katechismen sind nur mehr wenige Exemplare erhalten. Und dennoch darf angenommen werden, daß auch dieser Dienst im Reiche Gottes nicht umsonst war. Es ist ja nicht bekannt, wie viele Menschen durch die Predigt des Evangeliums, die Hauser in Wort und Schrift getan hat, zur froh machenden Erkenntnis der Liebe Gottes und des Sinnes ihres Lebens gekommen sind. Und wenn es nur wenige waren, so war dieser Dienst am Evangelium, wie Hauser selbst seine Aufgabe beschrieben hat, nicht umsonst gewesen.

Gustav Reingrabner: Eine Wolke von Zeugen (Aus: Glaube und Heimat 1981, S.33-35)