Schon im Frühjahr 1781 ist die erste Spur zu dem Plan einer Reise des Papstes an den Kaiserhof festzustellen. Im Dezember 1781 äußert Pius VI. diesen Wunsch gegenüber Joseph II. auch schriftlich, das Antwortschreiben aus Wien ist vom 11. Jänner 1782 datiert. Am 25. Februar 1782 machte der Papst dem Konsistorium Mitteilung über die Reise, schon zwei Tage später bricht die kleine Gruppe auf: der Papst fuhr mit zwei Monsignori in einem sechsspännigen Wagen, ein Kurier ritt voraus, einer neben dem Wagenschlag. In drei weiteren Wagen saßen die Herren der Begleitung einschließlich Leibarzt und Kammerwundarzt, in zwei Kaleschen folgten Wagenmeister, Pack- und Stallknechte.

Am 10. März traf in Ferrara ein vom Kaiser geschickter ungarischer Leibgardist ein, als der Papst sich gerade dort aufhielt. Über das Gebiet der venezianischen Republik ging es auf das österreichische Territorium zu, das zwischen Udine und Görz erreicht wurde. Von Wien waren der Vizestaatskanzler, Graf Philipp Cobenzl, und auch der Wiener Nuntius, Monsignore Garampi, dem Papst entgegengereist. Am Abend des 14. März trafen der Papst und auch die beiden genannten Personen außerhalb von Görz in Wipach ein. Die zur Begleitung des Heiligen Vaters bestimmten adeligen Leibgarden und andere Hofbedienstete hatten sich ebenfalls dorthin verfügt. In Adelsberg begrüßte der Bischof von Triest den Papst, am 16. März ging die Fahrt bei ständigem Schneefall weiter nach Laibach, wo auch ein Mitglied des Kaiserhauses, Erzherzogin Maria Anna, Äbtissin in Klagenfurt, zur Begrüßung eingetroffen war. Auf Weisung der Regierung sah man von feierlichen Empfängen, von Glockengeläute, Prozessionen und öffentlichen Ehrungen ab, da behauptete wurde, der Papst wolle inkognito reisen. Der Bischof von Graz-Seckau hatte als eifriger Anhänger der kirchlichen Reformen diesbezügliche Anweisungen gegeben und die Durchfahrt des Oberhirten vollzog sich nun wesentlich stiller als in den italienischen Gebieten. Trotzdem war der Zustrom des Volkes ungeheuer!

Von Graz ging es weiter über Kapfenberg (mit Übernachtung in Schloß Wieden) weiter gegen den Semmering. Im Schloß des Grafen Wurmbrand zu Stuppach hatten sich der Erzbischof von Wien sowie die Gesandten von Spanien, von Venedig und von Polen eingefunden. Der Kaiser selbst plante ein überraschendes Zusammentreffen mit dem Papst. In Wiener Neustadt hat er zusammen mit seinem Bruder, dem Hochmeister des Deutschen Ordens Erzherzog Maximilian, in der Militärakademie übernachtet. Am 22. März, als die Reise Pius’ VI. von Stuppach gegen Neunkirchen weiterging, trafen sie auf offener Strecke in der Nähe von Neunkirchen zusammen. Der Kaiser sprach in einem Brief an seinen Bruder Leopold von der gelungenen Überraschung. Der Papst kam dem Wunsch des Kaisers nach und stieg in dessen Wagen ein, wo er zur Rechten Josephs II. Platz nahm. In Wiener Neustadt ging die Fahrt aber nicht zum Dom, sondern zur Militärakademie, dort wartete die hohe Geistlichkeit, auch die vornehmsten Vertreter der Landstände und des Adels waren dabei. Die Weiterfahrt nach Wien gestaltete sich trotz der obrigkeitlichen Einschränkungen zu einem Triumph für den Papst. Der festliche Zug erreichte am Spätnachmittag des 22. März 1782 die Residenzstadt. Von der Spinnerin am Kreuz weg begleitete die adelige ungarische und polnische Garde die Wagenkolonne bis in die Hofburg. Der Kaiser hatte für den Besuch die Räume bestimmt, die ehemals von Maria Theresia bewohnt worden waren, Gemächer im Leopoldinischen Trakt der Wiener Hofburg.

Unter der großen Zahl von Veröffentlichungen von Aufklärern und Konservativen aus Anlaß des Papstbesuches sei nur die scharfe Schrift mit dem Titel „Was ist der Papst?“ von dem Juristen Joseph Valentin Eybel erwähnt. Auch die Gegner der Aufklärung meldeten sich mit verschiedenen Schriften zu Wort, etwa mit Franz Steininger „Ode bey Ankunft Pius des Sechsten in Wien“.

Die erste öffentliche Ausfahrt ging am 25. März zu den Kapuzinern, wo der Papst vor dem Sarkophag Maria Theresias einige Zeit im Gebet verbrachte. Die sich später immer wiederholende Zeremonie des Fußkusses fand erstmals im Refektorium der Kapuziner statt.

Die Zeremonien der Karwoche waren selbstverständlich für die Wiener und für die in Scharen hinzugekommenen Fremden von besonderer Bedeutung. Der Papst nahm am Gründonnerstag bei den Augustinern die Fußwaschung vor, besuchte am Karfreitag die heiligen Gräber in verschiedenen Kirchen und hielt schließlich als wichtigstes Ereignis die Osterfeier am Sonntag, 31. März 1782, im Stephansdom. Beim Riesentor erwarteten den Papst der kaiserliche Botschafter beim Heiligen Stuhl, Kardinal Herzan, die Bischöfe, Prälaten, das Domkapitel und die Chorgeistlichkeit. Der Hochalter in St. Stephan hatte einem kostbaren Thron Platz gemacht, von dem aus der Papst in lateinischer Sprache eine Homilie über das Tagesevangelium hielt, in der er die Gläubigen zur Freude über die Auferstehung des Herrn, aber auch zur Reue und geistlichen Auferstehung aus dem Grabe der Sünden aufforderte. Diese Rede hatte vorher großes Kopfzerbrechen verursacht, da Gerüchte kursiert waren, wonach der Papst bei diesem Anlaß das Wort an den Kaiser richten wolle, und über die kirchlichen Reformen zu sprechen gedenke. Nach dem Hochamt verließ der Papst den Stephansdom und fuhr zur Kirche am Hof. Die Altane dieses Gottesdienstes war für die bedeutendste Zeremonie ausersehen, die Verkündigung eines allgemeinen Ablasses. Pius VI. sang die Absolution über das Volk und segnete die Menschenmenge dreimal. In diesem Augenblick wurde mit einer Salve das Zeichen gegeben, worauf von den Wällen ringsum die Stadt die Kanonen abgefeuert wurden. Einige Beschreibungen schildern den großen Eindruck, den diese Szene auf die Teilnehmer machte, die Freidenker waren natürlich anderer Ansicht: „Dieser feierliche Tag war der Siegestag des Aberglaubens über die Vernunft.“

In Begleitung Erzherzog Maximilians wurden die weiteren Besichtigungen vorgenommen. Der Papst als großer Bücherfreund hatte Interesse an der Hofbibliothek, am Münzkabinett, an den Kunstschätzen der Augustiner, des Fürsten Liechtenstein usw. Am 2. April las der Papst eine stille Messe bei den Dominikanern, besuchte die Universitätskirche und die Bildergalerie im Belvedere, verweilte auf der Rückfahrt in der Karlskirche. Am 9. April folgte ein Besuch im kaiserlichen Zeughaus in der Renngasse, dann fuhr Pius VI. zur päpstlichen Nuntiatur. Am folgenden Tag wurde die Porzellanmanufaktur in der Rossau besichtigt, wieder am nächsten Tag das Waisenhaus am Rennweg und das Salesianerinnenkloster. Am 12. April stand das Theresianum auf dem Programm, am 13. die Hofstallungen, am 14. Augarten und Prater, am 15. die Liechtensteinsche Gemäldegalerie, am 16. die Ingenieurakademie und ein Besuch bei Staatskanzler Fürst Kaunitz in dessen Palais in Mariahilf. Bei einem feierlichen Konsistorium in der Hofburg am 19. April wurde den Kardinälen Firmian und Batthyany der rote Hut verliehen. Am. 20. April ging es schließlich nach Klosterneuburg, am 21. April fand der Abschiedsempfang für die Gesandten statt.

War bei einem derart intensiven Besichtigungsprogramm überhaupt ein fruchtbringendes Gespräch möglich? Über eine Darlegung der Gegensätze kam man nicht hinaus. Fürst Kaunitz nahm großen Einfluß auf die Verhandlungen, der Kaiser benützte eine Augenentzündung als (willkommene) Entschuldigung dafür, daß er an den öffentlichen Festen nicht teilnehmen konnte. Auf Graf Cobenzls Anraten hatte der Kaiser vom Papst eine schriftliche Darlegung aller Einwendungen erbeten und in einer von Kaunitz beeinflußten Antwortnote suchte Joseph II. nun all seine Verordnungen zu rechtfertigen. Auch dem persönlichen Charme und der Überredungskunst des Papstes war kein Erfolg beschieden. Die Klosteraufhebungen gingen weiter. Für die Kaiserstadt blieb der Besuch Pius VI. eine Episode im sicher nicht leichten josephinischen Alltag.

Am 22. April fuhr der Papst gemeinsam mit Kaiser Joseph II. nach Mariabrunn. Mit Umarmung, Kuß und Segen endete die Zusammenkunft des geistlichen Oberhauptes mit dem weltlichen. Aber zur Errichtung eines Denkmales zur Erinnerung an dieses Ereignis kam es nicht. Bloß Architekt Josef Gerl hat als Privatmann eine Inschrifttafel anbringen lassen. Auf den Text der Inschrift bei der Büste des Papstes im Stephansdom nahm der Staatsrat Einfluß und ersetzte den ursprünglichen Entwurf durch eine nüchternere und kürzere Fassung von Kaunitz. Auch auf die zahlreichen bildlichen Darstellungen des Papstes hatte die Behörde ein scharfes Auge. Bei einem Kupferstich von Mansfeld mußte die zweideutige Beschriftung wegfallen. Der Kammermaler Joseph Hickel porträtierte den Heiligen Vater, Jacobé stellte einen Stich davon her, auf Silhouetten und Medaillen, auf Reliefs, Hinterglasbildern, ja sogar auf einer Ofenplatte und einem bemalten Kasten sind Bilder des Papstes erhalten. Außer der Inschrifttafel bei den Kapuzinern erinnern der sogenannte päpstliche Ornat, ein Kelch in der Schatzkammer der Augustinerkirche und andere Gegenstände an den Aufenthalt.

Diese Reise ging von Mariabrunn nach St. Pölten, wo der Papst in der Kirche der Englischen Fräulein den Segen erteilte. In Mitterau wurde sogar ein Triumphbogen aus Tannenreisig errichtet, weiter ging es nach Melk, wo verschiedene Ausbesserungen für den Besuch des Papstes erfolgt waren. Pius VI. bewohnte bei der Übernachtung in diesem Kloster Räume, in denen gegenwärtig diese Ausstellung gezeigt wird. Am 23. April erteilte der Papst vom Fenster des Prälatensaales den Segen und dann ging die Fahrt weiter über Enns nach St. Florian, wo eines der Prunkzimmer im Augustiner-Chorherrenstift den Namen nach dem Papst führt. Am nächsten Tag zog Pius VI. unter dem Geläute aller Glocken und den Salutschüssen der Artillerie durch ein Spalier des Militärs in die Landeshauptstadt Linz ein. Vom Balkon des Rathauses erteilte er den Segen. In Wels erreichte der eifrige Pfarrer, daß der Papst vom sogenannten Saalburgschen Hause am heutigen Kaiser Josef-Platz (damals Poststation) den Anwesenden den Segen spendete. Auch in Lambach segnete der Papst vom Stift aus die Menschenmenge, die Fahrt ging aber am gleichen Tag noch weiter nach Ried, wo die Abgesandten des Trierer Kurfürsten und Augsburger Bischofs Klemens Wenzeslaus die Einladung in die Reichsstadt Augsburg überbrachten. Am 25. April ging es über Braunau weiter zur Innbrücke, wo Graf Cobenzl Abschied vom Papst nahm. Bayerische Begleiter sorgten für die Weiterreise des hohen Gastes nach München.

Das schlechte Wetter während der Tage des Aufenthaltes in der bayerischen Residenzstadt konnte die Festesfreude nicht beeinträchtigen. Von Wien aus drängte man darauf, vom österreichischen Botschafter detaillierte Berichte zu erhalten aus Besorgnis, daß dabei antihabsburgische Politik betrieben werden könnte. Am 2. Mai geht die Fahrt weiter nach Augsburg, wo der Papst den neuen und ungewohnten Eindruck der Konfrontation mit Protestanten hatte, sich aber über mangelnde Achtung nicht beklagen konnte. Wenige Tage später trat er die Heimreise an. Am 7. Mai ging es über Mieming in die Hofburg nach Innsbruck, am 8. Mai über Matrei am Brenner weiter nach Süden und der Papst verließ österreichisches Territorium. Mit großer Prachtentfaltung feierte man in Venedig sein Eintreffen. Francesco Guardi schenkte der Nachwelt die schönsten künstlerischen Zeugnisse der Feiern anläßlich dieser Reise. Am 13. Juni traf Pius VI. wiederum in Rom ein.

Georg Wacha
Aus: Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II. Niederösterreichische Landesausstellung. Stift Melk, 29. März – 2. November 1980 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, Neue Folge 95, 1980), S. 153-156