Von den Anfängen der Frauenarbeit in der Gemeinde Wien-West gibt es leider keine dokumentierten Nachweise, doch aus Erzählungen von Gemeindegliedern weiß man, dass sich von Anfang an – d.h. seit dem Selbständigwerden der Gemeinde im Jahr 1924 – Frauen in Handarbeitsrunden trafen und neben dem fleißigen Arbeiten auch gesellige Kontakte pflegten. Die Produkte dieser Zusammenkünfte wanderten dann am Ende des Jahres in die Packerln, mit denen zu Weihnachten bedürftige Kinder aus der Gemeinde bedacht wurden. Motor dieser Runden war über viele Jahre Frau Franziska Kern. Nach dem Krieg waren die Frauen auch verantwortlich für die sachkundige Ausgabe der Hilfsgüter, die durch das Hilfswerk an notleidende Familien in den Gemeinden verteilt wurden.
Anfang der 60er Jahre entstand ein neuer Kreis unter der Leitung von Frau Adele Pfauser, der gezielt über das Jahr hin für den in der Adventzeit stattfindenden Weihnachtsbasar arbeitete. Als später Frau Christine Grocholski die Leitung dieses Kreises übernahm, wurde der Basar durch die Vielfalt der angebotenen Handarbeitsprodukte immer professioneller und konnte dadurch jedes Jahr eine ansehnliche Summe zum stets sehr angespannten Gemeindebudget beitragen.

Die anfänglich rein reformierte Frauenrunde öffnete sich im Laufe der Jahre auch für Frauen aus anderen, auch katholischen, Gemeinden und weitete das Feld Ihrer Betätigungen aus, da das Interesse an Handarbeiten immer mehr nachließ, jenes für gesellige Zusammenkünfte und Gedankenaustausch aber nach wie vor groß war. Es entstand ein beliebter Senioren-Tanzkreis, und die Gruppe begann, gemeinsam Reisen ins benachbarte Ausland zu unternehmen. Daneben wurden monatliche Lichtbildervorträge angeboten, immer verbunden mit der beliebten gemeinsamen Jause. Höhepunkte waren und sind die jahreszeitlichen Feste, mal bunt und fröhlich, mal besinnlich, und immer verbunden mit Singen und Musik.

Mitte der Siebzigerjahre bildete sich eine Frauengesprächsrunde, bestehend aus jüngeren Frauen, die sich mehr für frauenspezifische Themen interessierten. Hier wurden erstmals auch Fragen aus feministisch–theologischer Perspektive behandelt unter der fachkundigen Anleitung von Frau Mag. Gisela Ebmer. Seit dem Jahr 1994 plant und gestaltet diese Gruppe jährlich einen sogenannten Frauengottesdienst als Gemeindegottesdienst, in dem die strenge Gottesdienstordnung durchbrochen und mehr weibliche Elemente zum Tragen kommen.

Den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus auf die Lebenswelten von Frauen aus anderen Ländern und Kulturkreisen lenkte der Weltgebetstag der Frauen, der seit Ende der Sechzigerjahre fixer Bestandteil des Jahresprogramms der Frauen der Zwinglikirche war. Damit begann zugleich ein reger ökumenischer Austausch mit den Frauen aus den nicht-reformierten Gemeinden im Bezirk, der eine jahrzehntelange Isolation aufhob.

Auch im Gemeindeleben selbst spielten die Frauen immer eine bedeutende Rolle und setzten maßgebliche Initiativen. Sowohl in Gemeindevertretung als auch Presbyterium sind sie stark vertreten, und das Amt des Kurators bekleidet seit vielen Jahren eine Frau.

In Anerkennung ihrer Verdienste um das Wohl der Gemeinde hat die Gemeindevertretung daher den Frauen auch einen eigenen jährlichen Budgetposten zuerkannt, d.h. ihnen eine Summe zur Verfügung gestellt, über die sie in eigener Verantwortung verfügen können.

Christiane NÉMETH