Die Evangelische Kapelle der JA Wien- Josefstadt (Aufnahme 2007); Foto: Matthias Geist
Die Evangelische Kapelle der JA Wien- Josefstadt (Aufnahme 2007); Foto: Matthias Geist

Kirche und Kriminalität – wie wirksam ist Seelsorge im Gefängnis? Die Erfahrung mit Gefangenen zeigt: Das beengte Leben im Gefängnis erleichtert dem Gescheiterten kaum, an sich selbst und seiner Vergangenheit zu arbeiten. Dennoch bietet die Evangelische Kirche sehr bewusst den Gefangenen Zufluchtsorte – Oasen und Zeiten der Stille – an, in denen sie ganz Mensch sein dürfen. Die persönliche Begegnung mit einem Seelsorger ist oft der einzige Kontakt, der frei von Druck erlebt wird und daher oft in seiner Ventilfunktion lebensnotwendig ist. Neben der bedrückenden Zwangsgemeinschaft spielt in den Einzelgesprächen die Frage nach Schuld und Vergebung ebenso eine Rolle, wie jene nach Gerechtigkeit oder nach Sinn und Ziel des Lebens überhaupt. Die Trauer über das Geschehene führt Gefangene oft auch in erlebter Ohnmacht und alltäglicher Willkür im Gefängnis wieder zur Erkenntnis, Ressourcen zu aktivieren und ein Leben in Straffreiheit zu beginnen. Gefängnisseelsorger gehen mit pastoralpsychologischer und institutioneller Erfahrung ohne religiöse Mission auf den einzelne zu und achten auf die Echtheit im Kontakt und die individuellen Bedürfnisse ihres Gegenübers.

Von Matthias Geist

>>> Weiterlesen