Von PETER KARNER

Ignatius von Loyola (1491-1556)
Ignatius von Loyola (1491-1556)

Vor einigen Jahren habe ich mit Pater Leo Wallner eine ökumenische Sendung über Calvin und Ignatius von Loyola gemacht. Natürlich habe ich mich gefragt: Was berechtigt eigentlich einen Jesuitenpater und einen reformierten Pfarrer, aus einer führenden Gestalt der Gegenreformation eine Art „ökumenischen Heiligen“ zu machen. Das war für mich durchaus keine theoretische Frage, sondern eine höchste persönliche Angelegenheit, denn: Wie ist es möglich, dass ich mich mit einem Jesuitenpater in Glaubensdingen gut verstehen kann? Geht das nur deshalb, weil wir beide in angestrengter Freundlichkeit unsere eigene kirchliche Tradition verleugnen, oder steckt gerade in unseren Traditionen viel Gemeinsames? Eine Gemeinsamkeit allerdings, die in der Kampfsituation des 16. Jahrhunderts gar nicht bemerkt wurde, aber in unserem Jahrhundert endlich zur Entfaltung kommt.

Johannes Calvin (1509-1564)
Johannes Calvin (1509-1564)

Ist es ein Zufall, dass Ignatius und Calvin fast denselben Wahlspruch für ihr Leben gewählt haben? „Ad Maiorem Dei Gloriam“ und „Soli Deo Gloria“. Für beide waren also die Ehre und der Lobpreis Gottes der Motor ihrer theologischen Existenz. Beide waren Individualisten, aber auch Männer der Kirche. Die Kirche war für sie das geeignete Instrument, der Ehre Gottes zu dienen. Wen wundert es da, dass sowohl in Rom wie in Genf Fragen der Organisation etwas Zentrales waren. Ihre Gegner sahen darin verständlicherweise einen klerikalen Herrschaftsanspruch, eine Knechtung der Seele durch die Jesuiten, wie den Gottesstaat, und gewisse Auswüchse und Gewalttätigkeiten in Rom und Genf schienen diese Kritik zu bestätigen.

Doch dieses Missverständnis konnte nur entstehen, weil beide eben das ganze Leben, die ganze Gesellschaft, ja die ganze Welt als Schauplatz verstanden, wo Gott geehrt wird. Das erklärt auch die explosionsartige Verbreitung, die ihre Lehren genommen haben. Die Jesuitenschule und die Genfer Akademie haben die ganze Christenheit beeinflusst. Die Nachwelt hat übrigens beide Männer zu finsteren, strengen und radikalen Persönlichkeiten abgestempelt. Ignatius von Loyola und Calvin waren Zeitgenossen, doch ihr Jahrhundert ließ sie nicht zusammenkommen. Das längst fällige Gespräch findet jetzt zwischen ihren Schülern statt, die „Soli Deo Gloria“ gemeinsam den ökumenischen Ritus bekennen. Daher wünschen sich die Reformierten nicht nur, dass die Katholiken heuer mit ihnen den 500. Geburtstag Calvins feiern, sondern dass von beiden Seiten bewusst die theologische Auseinandersetzung gesucht wird. Für Zwingli haben sich gar nicht wenige römisch-katholische Theologen begeistert – das könnte doch auch mit Calvin passieren!

In: Reformiertes Kirchenblatt 9-2009, S. 3.