Calvin hatte unter Genfs alteingesessener Bürgerschaft einige erbitterte Feinde, die zeitweise erheblichen Einfluss ausüben konnten. Mehr als einmal kam es fast zum Bürgerkrieg. Calvin berichtet 1547 seinem Freund Viret: „Der Rat war einberufen. Meine Kollegen hatte ich schon Tags zuvor angesagt, ich werde ins Rathaus kommen. Wir gingen hin und zwar schon vor Beginn der Sitzung. Weil viele noch auf dem Platz umhergingen, so traten auch wir vor die Tür, in der Nähe des Rathauses. Von dort her hörte man verworrenes Geschrei. Da war nicht zu zögern. Es schwoll so an, dass man deutlich merken konnte, es sei offener Aufruhr. Ich lief gleich hin, schrecklich war’s anzusehen. Ich stürzte mich in den dichtesten Haufen. Obwohl alle fast versteinert waren, liefen sie doch alle auf mich zu und zogen mich hin und her, damit mir kein Leid geschehe. Ich beschwor Gott und Menschen, eben deshalb sei ich hergeeilt, um mich zwischen ihre Schwerter zu stellen. Ich rief: Fangt mit mir an, wenn Blut fließen soll! Da ließen sie gleich viel von der Hitze ab, und zwar auch die Bösen, besonders aber die Gutgesinnten. Schließlich zog man mich in den Ratssaal. Dort gab’s neue Händel, und ich legte mich wieder ins Mittel. Es sind alle der Meinung, nur mein Dazwischentreten habe ein großes, furchtbares Blutvergießen verhindert. Ich erreichte, dass alle sich setzten. Wie es die augenblickliche Lage erforderte, hielt ich nun eine lange scharfe Ansprache. Man sagt, es seien alle davon wunderbar bewegt gewesen.“

„Wenn wir also von einem harten Fürsten grausam gemartert, von einem habgierigen und ausschweifenden raubgierig ausgeplündert, von einem faulen vernachlässigt oder schließlich von einem gottlosen und frevlerischen um unserer Frömmigkeit willen gequält werden, so soll uns zunächst die Erinnerung an unsere Missetaten ins Gedächtnis kommen, die unzweifelhaft durch solche Geißeln des Herrn gezüchtigt werden (Daniel 9,7 – 15). Dann wird die Demut unsere Ungeduld zügeln. Danach soll uns auch der Gedanke kommen, dass es nicht bei uns steht, gegen derartige Übel Abhilfe zu schaffen, sondern dass uns nichts anderes übrigbleibt, als die Hilfe des Herrn anzurufen, in dessen Hand die Herzen der Könige sind und die Wechsel der Reiche (Sprüche 21,1) (…). Er ist der Gott, vor dessen Angesicht alle Könige und alle Richter der Erde dahinfallen und vergehen, die nicht seinen Gesalbten geküsst haben (Psalm 2,10.12) (…).“

„Gott stellt jemanden unter seinen Dienern zur offensichtlichen Vergeltung und beauftragt ihn, die frevelhafte Herrschaft zu rächen und das zu Unrecht unterdrückte Volk von seinem Elend zu befreien.“ So befreite Gott sein Volk mit Moses von der Tyrannenherrschaft der Pharaonen, mit Otheniel von der Unterdrückung durch Kusan und anderen durch Richter und Könige. Alle dem fügt Kalvin hinzu: „Gott wählt immer aufrechte Menschen für diese Aufgabe aus, die sich den Königen widersetzen, jedoch keine Gewalt gegenüber der königlichen Würde anwenden, die gottgegeben ist. Allein im Auftrag einer höheren Macht werden die Fehler der niedrigeren Macht zurechtgerückt.“

Calvin

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