Ihre Lyrik erzählte vom Liebesleid, von der Armut und der sozialen Not, von Erotik und Sehnsucht. Die Mischung war provokant und erregte Aufmerksamkeit. Ihre Bände »Aus der Asche« (1870) und »Aus der Tiefe« (1878), aber auch ihr Roman »Ella« (1873) und ihre Novellen waren sehr beliebt und erreichten hohe Auflagen. In ihrer Prosa schuf sie naturalistische Sittenbilder, die Einfluss auf den frühen Naturalismus hatten. Ferdinand von Saar hatte ihr zu dem Pseudonym Ada Christen geraten, das sie für alle weiteren Veröffentlichungen beibehielt. Gedichtbände folgten, aber auch Erzählungen, Romane und Dramen. Ab 1874 lieferte sie auch Beiträge für Zeitschriften wie den Illustrierten Österreichischen Volkskalender und Zeitungen.

Ada Christen                                       Foto: Rudolf Krziwanek ( –1905)
Österreichische Nationalbibliothek, Bildarchiv Austria, Inventarnr. Pf 296:D (1)

Sie war Gründungsmitglied des »Vereines der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen«, der 1885 seinen Sitz im 1. Bezirk in der Rathausstraße 5 hatte. Weitere Gründungsmitglieder waren Minna Kautsky, Julie Thenen, Ida Barber, Ellen Key, Maria Janitschek, Anna Forstenheim und Betty Paoli. Ziel des Vereins war die Vernetzung und die Errichtung eines Pensionsfonds für alternde, arbeitsunfähige Schriftstellerinnen. 1897 entstand die Kategorie der »auswärtigen Mitglieder«, zu denen u.a. Selma Lagerlöf, Clara Viebig, Gabriele Reuter, Grazia Deledda, Alberta von Puttkamer und Ricarda Huch zählten. Erste Präsidentin war Baronin Marie von Augustin (1885-1886), im Vorstand waren außerdem Marie von Ebner-Eschenbach, Marie von Najmàjer und Betty Paoli.

Ihre Familie wohnte auf dem Alsergrund, einer Vorstadt von Wien. Wegen seiner Beteiligung an der Revolution 1848 wurde der Vater zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, an deren Folgen er später starb. Die Familie verarmte und Christen verdiente ihren Unterhalt selbst, zunächst als Blumenmädchen und Näherin, dann als Angehörige eines Wandertheaters, mit dem sie einige Jahre lang durch die österreichisch-ungarische Provinz tingelte. Von 1855 bis 1858 gehörte sie dem Ensemble des Meidlinger Theaters an. 1864 heiratete sie den ungarischen Adeligen Siegmund von Neupauer, Großgrundbesitzer und Stuhlrichter von St. Gotthardt bei Ödenburg. Ihr Mann starb 1868, und das bedeutete für Ada Christen erneut Armut. Nach dem Tod ihres Kindes kehrte sie nach Wien zurück, wo sie wieder als Schauspielerin arbeitete – u. a. auf der Strampferschen und auf der Josefstädter Bühne. Aber sie versuchte auch, als Schriftstellerin ein Einkommen zu finden.

Durch die Vermittlung von Ferdinand von Saar erschien 1868 ihr erster Gedichtband Lieder einer Verlorenen bei Hoffmann & Campe in Hamburg. Dem romantischen Seelenschmerz der reichen Damen stellte sie die wirkliche Not gegenüber.

Epilog

Und sie beugt sich zähneknirschend,
Aber seht, sie beugt sich doch!
Und sie trägt mit dumpfem Schweigen
Jahrelang das ekle Joch.
Sie versteht, ermisst ihr Elend,
Ihren Jammer, ihre Schmach;
Sie erkennt, was sie verbrochen
Und was man an ihr verbrach.
Und sie rüttelt an den Kelten –
Fürchtet nicht, dass sie sie bricht:
Denn sie beugt sich zähneknirschend
Und – sie jammert ein Gedicht.

1878 heiratete sie Adalmar von Breden, Unternehmer, Rittmeister a. D. und Militärschriftsteller. An seiner Seite führte sie einen Salon und wurde Mittelpunkt eines Schriftstellerkreises, in dem sich einige der bedeutendsten Autoren der Zeit trafen, darunter der mit ihr besonders befreundete Ferdinand von Saar sowie Friedrich Hebbel und Ludwig Anzengruber. Durch wirtschaftliche Misserfolge ihres Mannes bedingt, geriet sie gegen Ende der 1880er Jahre abermals in eine wirtschaftlich schwierige Situation. Ab 1894 zwang sie die Verschlimmerung eines schon früher aufgetretenen Nervenleidens zum Rückzug aus der Öffentlichkeit. Kuraufenthalte und Reisen nach Venedig, Mentone und Berchtesgaden brachten keine Besserung. In den letzten Jahren am »Einsamhof« in Inzersdorf empfing sie nur mehr die engsten Freunde und wartete als eine kränkelnde vornehme Dame auf ihren Tod.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 51 – 52.