Mit der berühmten Fregatte Novara umsegelte der Geologe Hochstetter die Welt. Mit an Bord waren Kommodore Bernhard von Wüllerstorf-Urbair, der Zoologe Georg von Frauenfeld und viele Flaschen Schlumberger-Wein, dessen Haltbarkeit erprobt werden sollte. Die von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien geplante Novara-Expedition (1857-1859) war die erste groß angelegte wissenschaftliche Weltumsegelungsmission der österreichischen Kriegsmarine und wurde von Fachgelehrten unter der Leitung von Hochstetter und Frauenfeld vorbereitet. Die Novara legte 10.600 Seemeilen zurück und brachte international beachtete Resultate. Erstmalige Untersuchungen, insbesondere auf der Sankt-Paul-Insel, den Nikobaren und auf Neuseeland schufen die Grundlagen für künftige geologische Forschungen. Die meereskundlichen Forschungen, insbesondere im südlichen Pazifik, revolutionierten Ozeanografie und Hydrografie. Die mitgebrachten Sammlungen an botanischem, zoologischem und völkerkundlichem Material (26.000 Präparate) bereicherten die österreichischen Museen (insbesondere das Naturhistorische Museum). Die während des ganzen Expeditionsverlaufs gemachten erdmagnetischen Beobachtungen vertieften die wissenschaftlichen Kenntnisse auf diesem Gebiet entscheidend. Schließlich ermöglichte die Mitnahme von Blättern des Cocastrauchs 1860, erstmals Kokain rein darzustellen. Die Resultate der Forschungsreise wurden in einem 21-bändigen Werk der Wiener Akademie der Wissenschaften, »Reise der österreichischen Fregatte Novara um die Erde« (1861-1876), sowie in einer populären Pracht-Ausgabe mit vielen Holzschnitten unter gleichem Titel veröffentlicht.

Ferdinand von Hochstetter,                               Lithographie von Adolf Dauthage, 1857 Aus Wikimedia Commons

Hochstetter war im Dezember 1858 in Neuseeland zurückgeblieben und hat 1859 das Land geologisch erforscht und kartografiert. So stammt von ihm die allererste geologische Karte Neuseelands. Nach ihm ist in den Neuseeländischen Alpen der Hochstetter Peak (2822 m), in Grönland der Hochstetter-Fjord sowie eine endemische Froschart in Neuseeland (Leiopelma hochstetteri) benannt.

Zurück in Österreich wurde Hochstetter 1860 zum Professor für Geologie und Mineralogie an der Wiener Technischen Hochschule berufen. Weitere ausgedehnte Reisen führten ihn in wissenschaftlichem Interesse 1863 in die Schweiz und nach Italien, 1869 in die Türkei, 1872 nach Russland und in den Ural.

Obwohl er Protestant und prominenter Anhänger der Entwicklungslehre von Darwin war, wurde Hochstetter im Herbst 1872 vom Kaiser zum Lehrer von Kronprinz Rudolf auf naturwissenschaftlichem Gebiet berufen, was von den Liberalen begeistert als Sieg gegen den Katholizismus gewertet wurde, der die Erkenntnisse der Naturwissenschaft, vor allem den Darwinismus, heftig bekämpfte und streng am Schöpfungsglauben festhielt. Liberale Zeitungen nahmen die Bestellung zum Anlass, gegen die Wissenschaftsfeindlichkeit der Kirche zu polemisieren. Der Unterricht des Kronprinzen war für zwei Jahre zu zehn Monaten mit wöchentlich zwei Stunden vorgesehen. Im Sommer 1873 unternahm Hochstetter eine montanistische Reise mit dem Erzherzog nach Kärnten und in die Steiermark. Als Mitglied der kaiserlichen Weltausstellungskommission machte Hochstetter den Kronprinzen auf der Wiener Weltausstellung 1873 mit Alfred Brehm bekannt. Aus dieser Begegnung sollte ein intensiver und fruchtbarer Kontakt mit dem Zoologen hervorgehen. Er vermittelte auch Bekanntschaften mit den Afrikaforschern Emil Holub und Ernst Marno. Hochstetter verbrachte auch einen Teil der Sommermonate 1873 und 1874 am kaiserlichen Sommersitz in Bad Ischl. Nach dem Ende seiner Lehrtätigkeit traf er sich mit seinem ehemaligen Schüler ebenfalls dort. Manche Treffen mussten allerdings kurzfristig verschoben werden: »Geehrter Herr Professor, ich bitte Sie, mich heute vom Unterricht zu entschuldigen, denn bei meinem Papa ist der Zar von Russland auf Besuch und ich muss auch dabei sein …« Rudolf, der durch seinen Lehrer viel über Darwins Werke gehört hatte, wollte diesen kennenlernen. Anlässlich einer Englandreise wurde 1878 zwar ein Treffen vereinbart, es kam aber nicht zustande. Hochstetter war von Darwin fasziniert und hatte auch Briefkontakt mit ihm.

Ab 1876 leitete Hochstetter als Direktor das Naturhistorische Hofmuseum in Wien. Zu seinen Aufgaben zählten die Neuorganisation und der Aufbau des Museums. Während die Bauarbeiten am Museum noch im Gange waren, starb Hochstetter mit 55 Jahren wegen einer nicht erkannten Diabetes-Erkrankung in Wien-Döbling. Bis heute wird im Naturhistorischen Museum in Wien für besondere Verdienste die »Ferdinand von Hochstetter-Medaille« verliehen. Viele seiner 154 Veröffentlichungen zählen zu den grundlegenden Werken der Geologie, Mineralogie, Kartografie und Landesbeschreibung.

Da die Weinflaschen die Weltumseglung überstanden hatten, die Robert Alwin Schlumberger Edler von Goldeck (1814-1879) mitgeschickt hatte, wurde sein »Vöslauer Goldeck« übrigens die älteste gesetzlich geschützte Weinmarke von Österreich.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 86-88.