Experimente waren nicht seine Sache, aber sein dekorativer Stil mit klassischen Motiven entsprach den Vorstellungen seiner vornehmen Klientel. Als Philipp Herzog von Württemberg 1862 den Münchner Architekten Arnold Zenetti mit der Errichtung eines Palais in Wien 1., Kärntner Ring 16 beauftragte, wurde der junge Heinrich Adam als Bauleiter berufen. Durch Änderungen der ursprünglichen Baupläne profilierte sich Adam von Anfang an als Meister der Innendekoration. 1872/73 wurde das Palais für die Wiener Weltausstellung zum „Hotel Imperial“ umgebaut und ist seither als „Wiener Juwel“ weltweit bekannt – Adams Inneneinrichtung kann man auch heute noch bewundern. Gleich anschießend betraute ihn der Herzog mit dem Bau der Villa „Maria Theresia“ in Altmünster am Traunsee und dem Umbau des Palais Mallmann in Wien 9., Strudelhofgasse 10 zur „Winterresidenz“.

Der Beginn von Adams Tätigkeit fällt noch in die Epoche des strengen Historismus der 1860er und 1870er. Jahre. Adam gestaltete in dieser Zeit in den Formen der italienischen Neorenaissancc, ein Stil, der wegen seiner weiten Verbreitung „Neue Wiener Renaissance“ genannt wurde, Die streng symmetrische Form der von ihm erbauten Häuser beschränkt Dekorationen vor allem auf die Fensterüberdachungen, z.B. in Wien 1., Nibelungengasse 10. Ab den 1880er Jahren verwendet er barockisierende Formen. Als Presbyter und Vorsitzender des Bauausschusses der Evangelischen Pfarrgemeinde H.B. Wien-lnnere Stadt, konnte sein Geschmack mit verantwortlich sein, dass die Reformierte Stadtkirche, Wien 1., Dorotheergasse 16, beim Umbau eine barocke Fassade erhielt. Architektur studierte er in München. Er unternahm Studienreisen nach Italien und Frankreich, erhielt viele Auszeichnungen und war Mitglied vieler Berufsvereinigungen. Als liberales Mitglied des Wiener Gemeinderats engagierte er sich für die Gestaltung der Stadt. Schier endlos ist die Liste der von ihm errichteten Palais und Miethäuser öffentlichen Bauten und Industrie- und Gewerbebauten – einiges soll hier nur beispielhaft genannt werden: Haus Wien 1., Salzgries 16; Wien 4., Argentinierstraße 21; Wien 4., Weyringergasse 28A-30; Schlösser für Viktor Csaky in Szepes-Görgö und Bratislava, Wohnhaus Ernst Göpfert Wien 9., Porzellangasse 20; Doppelmiethaus „Habig-Hof“ Wien 4., Wiedner Hauptstraße 15-17. Für den Calvinisten Rudolf Schmidt I. dessen Sohn den TOR-Stahl erfand, erbaute er 1899 / 1900 das Gussstahlwerk und die Feilenfabrik Rudolf Schmidt in Wien 10., Favoritenstraße 213, 1882-1887 gestaltete Adam den Innenraum des Hutsalons Habig in Wien 4., Wiedner Hauptstraße 25, der heute, denkmalgeschützt, ein Restaurant ist.

Heinrich Adam (geb. 18.3.1839 Dierbach/D, gest. 29.1 1905 Wien), Sein Vater war Küfer und Aktermann, seine Mutter Katharina, geb. Wüst. Verheiratet war Adam mit Beata A.; er hatte eine Ziehtochter.

Evangelischer Friedhof Simmering, 1. Rondeau Nr. 1 Reformierte Stadtkirche: Gedenktafel zum Umbau 1887

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 24–25.