Das Denken der Aufklärung hatte bereits die einfachen Leute erfasst, und so konnte Degen das wachsende Interesse der Bevölkerung an Naturwissenschaft und Technik nützen. Bereits 1783 hatten in Wien die ersten Ballonfahrten Montgolfiers und Blanchards die Schaulust an diesem Spektakel geweckt. 1807 führte Degen seine neue Flugmaschine einem kleinen Kreis von Freunden und Gönnern im großen Saal der k.k. Universität (heute Akademie der Wissenschaften) vor. Bei dieser Vorstellung sollen auch Beethoven und der spätere Reichsverweser Erzherzog Johann dabei gewesen sein.

Von Jakob Degen entworfener Ornithopter (Schwingenflügler, bzw. Schlagflügelflugzeug). Kupferstich von Jakob Degen / Jos. Belbing ca. 1810

Die zweite Vorführung von Degens Flugmaschine war schon öffentlich, wenn auch in »Innenräumen«, nämlich am 18.4.1808 im Saal der k. k. Winterreitschule. Über diese und alle späteren Vorführungen Degens sind schriftliche Berichte erhalten geblieben, von kundigen Leuten wie dem Physiker Johann Christoph Stelzhammer, gehässige Berichte von neidigen Experten und Journalisten, dazwischen die »halbsachlichen« Protokolle der Polizei. Die Polizei hatte an Degens Aktionen keine Freude, da ihr diese Massenveranstaltungen viel Mühe machten. Degens größter Förderer aber waren seit der Vorführung in der Hofreitschule Kaiser Franz I. und seine Gattin Ludovica.  Jean Paul berichtet kurz über den Versuch in der k. k. Winterreitschule, verbindet aber diesen Bericht mit vielen beschaulichen, aber utopischen Gedanken über das Flugwesen der Zukunft. Vom Kaiser erhielt Degen auch namhafte Geldbeträge sowie Schutz vor der Verhinderungsfreude der Polizei und der Kirche – sie musste eine Extraerlaubnis geben, da die Vorführungen am Sonntag oder Feiertag stattfanden. Am 6.9.1808 flog Degen vor dem Kaiser »frei« von Laxenburg nach Vösendorf, am 1.10.1810 flog er vom Prater nach Himberg, am 27.5.1811 vom Prater auf den Nussberg, am 15.10.1811 nach Trautmannsdorf an der Leitha. Am 25.9.1817 wurden jedoch per Hofdekret weitere »Produktionen« verboten. Degens Erfindungen waren bahnbrechend: Er erprobte experimentell einen Ballon, der waagrecht fliegen und gelenkt werden konnte. Damit war die Voraussetzung zum Bau von Zeppelinen geschaffen. Und er erfand, angeregt durch Skizzen von Leonardo da Vinci, ein Fluggerät, das senkrecht aufsteigen und landen konnte. Damit war die Voraussetzung zum Bau von Hubschraubern geschaffen. Beide Geräte bewiesen öffentlich ihre Flugfähigkeit.

1816 bis 1820 entwickelte Degen mit seinem Sohn Karl eine »Maschine zur Erzeugung vielfarbiger und unnachahmlicher Stämpel«; neben diesem Guillochegerät das Congrave Druckverfahren zur Herstellung zweifarbiger Banknoten und 1828 eine Guillochiermaschine für den Banknoten-Doppeldruck – alles wirkungsvolle Maßnahmen gegen die Geldfälschung. Die Österreichische Nationalbank führte 1821 die Degen’sehe Technologie als Erste ein. Degens revolutionäre Erfindung ist noch heute die Grundlage des Banknoten- und Wertpapierdrucks in aller Welt.

Von 1822-1842 war er Werkmeister der Oesterreichischen Nationalbank. Da die Bank durch seine Erfindungen internationalen Vorsprung erlangt hatte, wurde Degen sowohl als Aktiver als auch als Pensionist (mit Aktivgehalt) sehr gut bezahlt. Der evangelisch-reformierte Direktor Johann Conrad Hippenmeyer ließ die Bank auch Degens hohe Schulden bezahlen, die durch seine Erfindertätigkeit entstanden waren.

 

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 57 – 58