Schon das erste Auftreten von Johann Strauss im Casino Dommayer am 15. Oktober 1844 war ein großer Erfolg. Er ging auf Tournee in ganz Europa und Nordamerika. Nach dem Tod des Vaters 1849 übernahm er dessen Orchester und wurde 1863 zum k. k. Hofball-Musikdirektor ernannt. Hatte er zunächst nur Walzer komponiert, so war 1864 sein Zusammentreffen mit Jacques Offenbach richtungsweisend. Denn Offenbach regte ihn an, auch Operetten zu komponieren, von Strauss stets »komische Oper« genannt. Heutige Ballbesucher tun gut daran, den Walzer nicht für eine fesche Tanzmusik zu halten. Der Walzer war ein Fieber, das die Zeitgenossen erfasst hat: »Karl Freiherr von Reichenbach, der Inhaber des später durch einen eigenen Walzer geehrten Lokals Krapfenwaldl, hat bei einer Umfrage festgestellt, dass seine Gäste die dem Walzer zugeschriebene >vollständige Perturbation< aller Empfindungen, diese >eigentümlich krankhafte Verstimmung des Nervensystems> geradezu herbeisehnen und suchen. Gefällt ein Werk, wird fünf-, sechs-, siebenmal nach Wiederholung verlangt. Strauß musste einmal beim Dommayer den Walzer vor der Pause 19 mal wiederholen. Die Straußwalzer seien für die Wiener <zur Religion geworden<, befindet ein Zeitgenosse 1877. Eine Art Droge würde man das in der Sprache unseres Jahrhunderts nennen.« (Paul Kreiner) Richard Wagner äußerte sich enthusiastisch über die »an Raserei grenzende Begeisterung des wunderlichen Johann Strauss«: »Dieser Dämon des musikalischen Volksgeistes erzittert beim Beginn eines neuen Walzers wie eine Pythia auf ihrem Dreifuß, und ein wahres Wonnegewieher des berauschten Auditoriums trieb die Begeisterung des zauberischen Vorgeigers auf eine für mich fast beängstigende Höhe.«

Foto von Carl Pietzner
Aus Bildarchiv Austria, ÖNB

Am 10.2.1871 hatte die erste Operette von Strauss, »Indigo und die 40 Räuber«, im Theater an der Wien Premiere. Auch seine bekannteste »komische Oper«, »Die Fledermaus«, hatte dort am 5.4.1874 Premiere. Die Fledermaus wurde 1894 ins Repertoire der Hofoper aufgenommen und ist bis heute die einzige Operette, die dort gespielt wird. Damit gilt Strauss auch als Begründer der »Goldenen Ara der Wiener Operette«. 1885 war die Hauptrolle im »Zigeunerbaron« mit Alexander Girardi besetzt. Seine letzte Operette »Wiener Blut« hatte erst nach seinem Tod 1899 im Carl-Theater Premiere.

Gegen den Willen des Vaters (Johann Strauss Vater, der Schöpfer des »Radetzkymarsches«) begann er, Konzerte zu geben. Er war von Anfang an erfolgreich, aber auch geschickt genug, die Erfolge seines Vaters zu spielen. Von 1863-1871 war er k. k. Hofball-Musikdirektor. Als er 1871 freiwillig zurücktrat, bekam er den Franz-Joseph-Orden (Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens). Nachfolger wurde sein Bruder Eduard Strauß. 1864 war seine schicksalhafte Begegnung mit Jacques Offenbach, und von da an bis zu seinem Tod komponierte er auch Operetten.

1848 schrieb Strauss für seine revolutionären Freunde den zündenden »Revolutionswalzer«, der wegen der Niederlage der Revolutionäre von 1848 vergessen wurde.

Erst in den 1930er Jahren wurde entdeckt, dass der Großvater von Johann Strauss Vater ein ungarischer, getaufter Jude war. Das passte aber nun gar nicht in das Konzept der Nazi-Regierung: »Wenn Johann Strauß heute lebte, dann wäre er Antisemit. Aus seiner Musik spricht ein echt deutscher Mann zu uns.« Allfällige Hinweise auf die jüdische Abstammung von Johann Strauss wurden gleichzeitig beseitigt. So wurde etwa eine Eintragung der Urgroßeltern im Trauungsbuch der Dompfarre St. Stephan durch das Reichssippenamt in Berlin dahingehend »korrigiert«, dass nun aus dieser nicht mehr hervorging, dass Johann Michael Strauss, der Urgroßvater von Johann Strauss Sohn, jüdischer Abstammung war. (siehe Wiener Institut für Johann Strauss Forschung)

Strauss war insgesamt dreimal verheiratet. Seine erste Ehefrau Henriette geb. Chalupetzky starb 1878. Schon wenige Wochen später heiratete er die Schauspielerin Angelika Dittrich, die ihn 1882 verließ. Im selben Jahr wurde die Ehe »von Tisch und Bett« geschieden; eine Trennung dem Bande nach war nicht möglich, da in Österreich das katholische Eherecht auch im bürgerlich-rechtlichen Bereich galt. Um erneut heiraten zu können (diesmal Adele geborene Deutsch verwitwete Strauß), musste Strauss die österreichische Staatsbürgerschaft aufgeben, Bürger des Herzogtums Sachsen-Coburg und Gotha und wie seine Braut evangelisch werden. Im Jahr 1887 löste Herzog Ernst II. – entsprechend dem im Herzogtum geltenden Eherecht – die Ehe mit Angelika Dittrich auf und Strauss heiratete im selben Jahr Adele in Coburg. Alle drei Ehen von Strauss blieben übrigens kinderlos.

Sein Begräbnis am 6. Juni 1899 war ein Wiener Großereignis. Die Einsegnung fand in der Lutherischen Stadtkirche statt, die Bestattung am Zentralfriedhof zunächst in einem provisorischen Grab. Am 8. Oktober 1899 wurde sein Leichnam in das von der Stadt Wien gewidmete Ehrengrab (Ehrengrab Gr. 32A, Nr. 15) umgebettet. Das Grabdenkmal hat der Bildhauer Johannes Benk gestaltete.

Adele Strauss, konvertierte Tochter jüdischer Eltern, war nach dem Tod des Walzerkönigs eine künstlerisch einflussreiche Dame. Bei ihr verkehrten die prominentesten Persönlichkeiten aus Politik und Kultur. »Frau Johann Strauss« – nur so wollte sie genannt werden, wachte über das Schicksal der Werke ihres Gatten, ließ durch Bearbeitungen die weniger erfolgreichen der Vergessenheit entreißen, autorisierte Biografien und betrieb den Bau des Denkmals. Das international bekannte Denkmal von Edmund Hellmer im Wiener Stadtpark am Ring wurde 1921 enthüllt. Aber aufmerksamer als alles andere überwachte sie die Verrechnung der Tantiemen, sie war für Verleger und Theaterdirektoren eine sehr harte Nuss. Sie galt als ehrgeizig und geldgierig. Im Grunde war sie misstrauisch und hatte nur zu ihrer eigenen Familie Vertrauen.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 143-144.