Von Gustav REINGRABNER

Kepler war einer der Württemberger, die im Reformationszeitalter in die habsburgischen Länder kamen, um hier im Rahmen der evangelischen Kirche tätig zu sein. Ihn sandte 1595 die theologische Fakultät in Tübingen auf Bitten der steirischen Landstände als Professor für Mathematik an die evangelische Stiftsschule nach Graz. Kepler kam von der Theologie und wurde in wenigen Jahren zu einem weltbekannten Mathematiker und Astronomen. Während seiner Tätigkeit in Graz legte er den Grundstein für seine umstürzenden Erkenntnisse. Er hörte aber nie auf, als Theologe zu wirken, wenngleich er die Grenzen der Konfessionen überschritt. Er war der Überzeugung, dass sich Gott dem Menschen sowohl in der Schrift wie in der Schöpfung offenbart habe. Die Bibel sei sohin kein Lehrbuch der Optik und Astronomie, da sich Gott nicht selbst widerspreche.

Als Erzherzog Ferdinand im August 1600 alle evangelischen Theologen und Lehrer aus der Steiermark auswies, hätte Kepler wegen seines Rufes noch eine Zeitlang in Graz bleiben können. Er verließ aber doch die Stadt der Gegenreformation und wandte sich nach Prag. Dabei wäre er so gerne in seiner Heimat Württemberg tätig gewesen. Wegen mangelnder Rechtgläubigkeit wurde er dort nicht angenommen. 1612 stellte ihn die oberösterreichische Landeshauptstadt als Landschaftsgeographen an und wollte von ihm die Erstellung einer genauen Karte ihres Landes.

Mit dem Linzer Pfarrer lag er im Streit, gleichzeitig musste er um das Leben seiner Mutter kämpfen, die in Württemberg in einen Hexenprozeß verwickelt wurde. Und dennoch fand er in Linz das letzte seiner bahnbrechenden Gesetze der Astronomie.

Die Besetzung des Landes ob der Enns durch die Bayern im Jahr 1626 beendete seine Tätigkeit in Linz. Es folgten neue Wanderjahre, in denen die Not am größten war. Auf dem Kurfürstentag in Regensburg wollte er seine Gehaltsansprüche an den Kaiser geltend machen, dabei erlitt er den Tod.

Trotz der von ihm gefundenen Gesetze, die Klarheit in der Ordnung des Weltalls brachten, schrieb er vom Weltgeheimnis. Dieses Buch beendete er mit dem Satz: „Vater der Welt, was hat dich bewogen, den Menschen so hoch zu erheben, dass er im Glanz dasteht, ein weithin herrschender König, dass er deine Gedanken dir nachdenkt?“

 

Aus: Glaube und Heimat 1988, S.42.