Karl Uhl wurde am 29. Jänner 1907 als viertes von sieben Kindern des Seidenwebers und sozialistischen Journalisten Georg Uhl und der Klöppnerin Johanna geb. Egerer im damals deutschsprachigen Nordwesten Böhmens, in Haslau, Bez. Asch (seit 1945: Hazlov/As) geboren. Die burggräfliche Familie von Zedtwitz hatte im sog. „Ascher Ländchen“ die Reformation eingeführt und das lutherische Bekenntnis in der Region erhalten können. Im Zuge der „Los-von-Rom-Bewegung“ schlossen sich die Eltern von Karl Uhl diesem Bekenntnis an. Anlässlich der Einweihung der evangelischen Christuskirche in Haslau am 6. Oktober 1907 wurden die Eltern in die Evangelische Kirche A.B. aufgenommen und Karl Uhl gemeinsam mit drei vor ihm geborenen Geschwistern getauft.

Drei Jahre nach der Geburt Karl Uhls übersiedelte die Familie nach Wien, das – mit Ausnahme des Zweiten Weltkriegs – Wohn- und Wirkungsstätte von Karl Uhl bleiben sollte. Die wirtschaftlich bescheidenen Familienverhältnisse verschlechterten sich entscheidend, als der Vater 1920 der Spanischen Grippe erlag. Karl Uhl übernahm neben dem Schulunterricht Hilfstätigkeiten, um die Mutter beim Erhalt der Familie zu unterstützen. Ab April 1920 konnte er an einer Erholungsaktion Wiener Kinder in Dänemark teilnehmen, die für sein weiteres Leben entscheidend wurde: Die gastgebende Familie war mit der freikirchlichen „Luthersk Missionsforening“ verbunden und pflegte ein von Bibel und Gebet geprägtes, intensives christliches Glaubensleben. Tief beeindruckt von diesem Vorbild – das durch weitere Ferien- und Arbeitsaufenthalte in Dänemark vertieft wurde – fand Karl Uhl nach der Konfirmation 1922 in verschiedenen kirchlichen Angeboten der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. Wien-Favoriten mit Pfarrer Hans Rieger, später in dem dort gegründeten Christlichen Verein Junger Männer (CVJM) seine geistliche Heimat.

Mit großer Freude nahm er deshalb nach kurzfristigen beruflichen Stationen das Angebot des Leiters der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft in Wien, Missionar Hans Döring, an, ab 22. September 1924 als Bürogehilfe, später als dessen Assistent, an der Arbeit der Bibelverbreitung in Österreich, die seit 1864 in Wien ihre Zentrale hatte, mitzuwirken. Durch Abendkurse und theologische Fortbildung konnte er nebenberuflich eine kaufmännische Ausbildung und die Qualifikation als evangelischer Religionslehrer erreichen.

Karl Uhl am Schreibtisch
Karl Uhl am Schreibtisch

Nach dem plötzlichen Tod von Hans Döring wurde er am 1. August 1936 zum Direktor des österreichischen Zweiges der Britischen und Ausländischen Bibelgesellschaft berufen. Am 21. Februar 1931 hatte er die Ehe mit der 1912 in Wien geborenen, tschechischstämmigen Anna geb. Merta geschlossen. Dem Ehepaar wurden drei Kinder, Harald 1934, Gerlinde 1936, verehel. Mayr und Waltraude 1937, verehel. Butterweck (verstorben 1998) geschenkt.

Die Nationalsozialistische Herrschaft in Österreich ab 1938 und der Zweite Weltkrieg bedeuteten für die Arbeit von Karl Uhl in der Bibelgesellschaft erhebliche Hindernisse, zuletzt ständige Überwachung durch die Gestapo (Geheime Staatspolizei ), in die auch seine Ehefrau einbezogen wurde, und faktisches Verbot der Bibelverbreitung im „Großdeutschen Reich“. Seit 1940 zum Kriegsdienst verpflichtet, gelang es ihm durch eine mutige, persönliche Intervention im Hauptquartier der Gestapo in Berlin am 21. Mai 1941, die bereits angeordnete Vernichtung des großen Bibellagers in Berlin zu verhindern und den Transport nach Wien zu organisieren. Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft im September 1946 konnte Karl Uhl gemeinsam mit einer einsatzfreudigen Gruppe von Bibelboten (Kolporteuren) in Österreich ein flächendeckendes Netz der Bibelverbreitung neu aufbauen, in das auch durch persönliche Kontakte zum Gründer des Klosterneuburger Bibelapostolats, Professor Dr. Pius Parsch, die katholische Bibelbewegung einbezogen wurde. 1947 konnte unter Beteiligung aller evangelischer Kirchen und Freikirchen das Österreichische Bibelkomitee gegründet werden, 1954 wurden mit dem Bibelhaus in Wien VII, Breite Gasse 8, ausreichende Verkaufs- und Lagerräume geschaffen, um die deutschsprachige Bibelproduktion und die sich ausweitenden Auflagen fremdsprachiger Ausgaben lagern und verbreiten zu können. Eine bis heute auch wissenschaftlich genützte Bibelbibliothek mit historischen Ausgaben und Bibeln in über 500 Sprachen wurde aufgebaut.

Schließlich wurde am 23. September 1970 die selbstständige „Österreichische Bibelgesellschaft“ gegründet, bis Direktor Karl Uhl am 30. April 1971 nach 47 Jahren im Dienst der Bibelverbreitung in den beruflichen Ruhestand wechselte.

Karl Uhl vor Altar
Karl Uhl vor Altar

Als ordinierter Lektor hat Karl Uhl noch viele Jahre in seiner Pfarrgemeinde Wien-Neubau und in vielen anderen evangelischen Gemeinden Gottesdienste, Vorträge und Bibelarbeiten gehalten, war Presbyter und wurde Ehrenpresbyter sowie Ehrenmitglied des CVJM Wien. 1985 wurde ihm die Dankmedaille des Martin-Luther-Bundes überreicht, dem er jahrzehntelang in Österreich als Schatzmeister gedient hatte. Von der Republik Österreich erhielt er 1973 das Goldene Verdienstzeichen, das Land Wien verlieh ihm 1986 das Goldene Verdienstzeichen. Karl Uhl starb am 19. März 1998 in Wien und wurde an der Seite seiner 1969 verstorbenen Frau nach der Trauerfeier unter Leitung von Bischof Herwig Sturm auf dem Evangelischen Friedhof in Wien-Simmering beigesetzt.

Von Prof. Dr. Dr. Harald Uhl

 

Literatur:

  • Karl. UHL, Gottes Wort kann niemand hindern. Lebenserinnerungen, hg. von Robert Kauer, Wien 2007