Rudolf von Arthaber mit seinen Kindern, Porträt von Friedrich von Amerling (1837)

Der Refrain eines der bekanntesten Wiener Volkslieder lautet: „Denn unser Vater is a Hausherr und a Seidenfabrikant“. Es muss aus der Zeit stammen, als in Wien die Seidenfabrikanten reich wurden. Einer von ihnen, auf den das jedenfalls zutraf, war Rudolf von Arthaber. Mit den großen Erfindungen der mechanischen Spinnmaschine und des mechanischen Webstuhls am Ende des 18., Anfang des 19.Jahrhunderts wurde auch in Wien die Serienfabrikation ein dominierender Produktionszweig, sodass sich die Vorstädte Neubau, Schottenfeld und Gumpendorf rasch zu einem Zentrum der Seidenverarbeitung entwickelten. Der „Brillantengrund“ war geboren.

Rudolf von Arthaber übernahm den Manufakturhandel seines Vaters und baute ihn zu einem internationalen Unternehmen mit Zweigstellen in Pest, Mailand, Rom und Leipzig aus. Sogar nach Russland und Amerika wurden seine Produkte exportiert. Eigene „Dessinateure“ entwickelten besondere Muster, vor allem die Eleganz des berühmten »Wiener Shawls“ erlangte Weltruf und auch in Wien Popularität. Um 1832 beschäftigte Arthaber ca. 8000 Arbeiterinnen und Arbeiter.

Arthaber, Hornbostl, Spörlin und Gerold                        Aus Wikimedia Commons

Gemeinsam mit Christian Georg Hornbostel, Christian von Coith und Michael Spörlin gründete er 1837 den Niederösterreichischen Gewerbevereins, der die Industrie mit Beratungen, Ausstellungen und Vorträgen fördern sollte.

Seine politisch-liberale Einstellung und die Hoffnung der Protestanten auf bürgerliche Freiheit machte ihn wie so viele Evangelische zu einem Befürworter der Märzrevolution 1848. Als Mitglied von Deputationen der Revolutionäre reichte er Petitionen bei Hof und Regierung um freiheitliche Zugeständnisse ein. 1833 erwarb Arthaber den Tullner Hof in Döbling und ließ an dessen Stelle ein Landhaus errichten, das die größte zeitgenössische Kunstsammlung beherbergen sollte (später: Villa Wertheimstein). Sie enthielt Gemälde von Josef Franz Danhauser, Ferdinand Waldmüller, Josef Führich, Leopold Kupelwieser und Friedrich Amerling, der auch seine Familie porträtierte. Aus gesundheitlichen Gründen zog sich Arthaber schließlich aus der täglichen Leitung seines Unternehmens zurück und verstärkte sein Mäzenatentum, vergab Stiftungen und gab Anregungen zur Gründung des Österreichischen Kunstvereins (1850). Außerdem gründete er die Kinderbewahranstalt in Oberdöbling und wurde zum Ehrenmitglied der Akademie der bildenden Künste ernannt. Nach seinem Tod 1867 wurde die Kunstsammlung versteigert.

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 30-31.