Wenn der evangelische Däne und Wahlwiener nicht nach seiner Lehrzeit bei dem Berliner Architekten Schinkel auch noch acht Jahre seines Lebens in Athen und die Hälfte seines Lebens in Wien verbracht hätte, sähe das Zentrum Wiens anders aus: die Ringstraße ohne sein »griechisches« Parlament, ohne das Palais Epstein, ohne das Palais Ephrussi am Schottentor, ohne die Akademie der bildenden Künste, ohne die Wiener Börse, ohne das Erzherzog-Wilhelm-Palais, ohne die vielen anderen Miethäuser am Ring?

Mit seinem Schwiegervater Ludwig von Förster, in dessen Büro er 1846 eintrat, baute er die evangelische Kirche in Gumpendorf (1846-1849), die größte evangelische Kirche Österreichs, für die Evangelischen Gemeinden A. B. und H.B. plante er die Kapelle, die Nebengebäude und die Friedhofsanlage in Matzleinsdorf und die Evangelische Schule am Karlsplatz. Über dem Schuleingang wurden vier Evangelistenstatuen des altkatholischen Bildhauers Vincenz Pilz (1816-1896) aufgestellt. Bekannt wurde er erstmals mit dem Bau des Arsenals außerhalb der Ringstraße (1850-1856). In seinen Anfängen eher auf einen romantischen Stil ausgerichtet, wurde er später zum Vertreter des strengen Historismus (Neorenaissance), von ihm auch Wiener Stil genannt. Dieser Stil erstreckte sich bis in die kleinsten Details der Inneneinrichtung und nahm teilweise die Züge eines Gesamtkunstwerks an.

Das Musikvereinsgebäude ist wohl durch die jährliche Übertragung des Neujahrskonzerts mit Walzern der Familie Strauß in alle Welt der berühmteste Konzertsaal der Welt. Er soll auch der schönste sein: Der Goldene Saal ist jedenfalls einer der besten Konzertsäle weltweit, dessen vielbewunderte Akustik oftmals noch heute bei Konzertbauten nachgeahmt wird. »So hoch auch die Erwartungen gehen mochten, so wurden sie doch von dem ersten Eindruck des Saales überboten, der an architektonischer Schönheit und stilvoller Pracht einzig in seiner Art dasteht.« So schrieb die Neue Freie Presse über die Eröffnung des neuen Musikvereinsgebäudes und das erste Konzert im Großen Musikvereinssaal am 6.Jänner 1870. Der Eindruck muss überwältigend gewesen sein – so überwältigend, dass Wiens Kritikerpapst Eduard von Hanslick irritiert die Frage aufwarf, ob dieser Große Musikvereinssaal »nicht zu glänzend und prachtvoll sei für einen Concertsaal«. »Von allen Seiten quellen Gold und Farben …«

Die festliche Stimmung des Saales werfe alles ab, »was an das alltägliche Leben erinnert«, schrieb denn auch ein anderer Wiener Kritiker, Carl Eduard Schelle. Der Große Musikvereinssaal, meinte er, biete nicht nur das ideale Ambiente für Musik, sondern sei selbst Musik: »… in den architektonischen Einzelheiten, in der Ornamentik, den Farbentönen wie in der Gliederung der Massen spricht sich in der Tat eine Empfindung aus, die man musikalisch nennen möchte; wäre es möglich, die große Jupiter-Symphonie von Mozart sich in festen, sichtbaren Formen konstruiert zu denken, so würde dieser neue Saal des Musikvereins-Gebäudes ein entsprechendes Bild liefern. Hansen und Mozart haben in Wahrheit einen verwandten Zug gemein.«

Mehr als 2000 Menschen – 1744 auf den Sitzplätzen und 300 auf den Stehplätzen – haben im Goldenen Saal Platz. Hansen arbeitete bevorzugt mit dem Bildhauer Vincenz Pilz und dem Maler Carl Rahl zusammen, auch der junge Otto Wagner und Hans Wilhelm Auer waren unter seinen Mitarbeitern.

Nicht nur in vielen Kronländern der Monarchie, sondern auch in der Schweiz, in Rumänien, Italien und Athen baute Hansen in den 1860er und 1870er Jahren. Ebenso entwarf er Wohnungsinneneinrichtungen wie z. ß. die des Palais Todesco und die Wohnungseinrichtung des Geschirr- und Glasfabrikanten L. Lobmeyr, für dessen Glasfabrik er ebenso Entwürfe machte. Mit dem Bau des Heinrichhofes (Opernring 1-5) gelang ihm ein neuer monumentaler Wohnhaustyp – er wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Im Jahr 1868 wurde Hansen Ehrenbürger der Stadt Wien, 1868 Professor an der Akademie der bildenden Künste und 1884 in den österreichischen Freiherrnstand erhoben.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 78 – 79.