Geboren am 15. Oktober 1883 in Wien.
Gestorben am 25. Juni 1962 in Wien.

Architekt

Theophil Gustav Niemann war ein Sohn des George Niemann, der aus Hannover stammte und Architekten, Bauforscher, Archäologen, Grafiker sowie Professor für Perspektive und architektonische Stillehre an der Kunstakademie in Wien gewesen ist. Sein Taufpate war der Architekt Theophil Hansen. Der Architekt Alfred Castelliz war mit seiner Schwester Mathilde geb. Niemann verheiratet, er selbst mit Melanie Ehrenfried (gestorben 1948), die ihm zwei Kinder schenkte: Ingomar, geboren 1919, und Ingeborg, geboren 1912.

1902/03 besuchte Theophil Niemann die Höhere Staatsgewerbeschule und studierte 1905-1906 bei Friedrich Ohmann an der Akademie der vereinigten bildenden Künste. Von 1906-1911 an der Wiener Technische Hochschule bei Carl König.

1907 nahm er an der Forschungsreise des Professor Dr. Ernst Sellin nach Palästina teil. Wann und wo er seine praktische Ausbildung begann und in welchem Architektur-Atelier er tätig gewesen sein könnte, ist nicht bekannt.

Bereits vor dem 1. Weltkrieg hat sich Theophil Niemann in Bosnien-Herzegowina aufgehalten. Zunächst war er im Hochbaubüro der Landesregierung, ist dann als selbständiger Architekt tätig gewesen und war bestrebt, die in Bosnien noch vorhandenen einheimischen Bauweisen nicht nur zu studieren, sondern auch bei neuen Bauten, speziell in den kleineren Städten und Ortschaften, wieder zur Geltung zu bringen. Er dürfte zu jenen jungen Architekten um Josip Vancaš gehört haben, die an der Entwicklung und Umsetzung des von der Landesregierung geförderten bosnischem Stils mitwirken sollten. Nach der Einäscherung des malerisch gelegenen Städtchens Visoko im Dezember 1911 war ein Neuaufbau nach einem Regulierungsplan des Baudepartements vorgesehen und Theophil Niemann wurde mit der Planung von ca. 180 Wohnhäusern in bosnischem Stil beauftragt. Auf die Bauausführung konnte er jedoch keinen Einfluss nehmen und Planänderungen durch die Bauherren nicht verhindern. Seine Bitte, bei der nach dem Krieg zu erwartenden Aufbauaktion der bosnischen Gebiete auch die sich seit langem mit der Lösung der Frage der bosnischen Bauweise befassenden Architekten heranzuziehen, fand keine Gegenliebe.

Während des Ersten Weltkriegs war Theophil Niemann als Militär-Bauoffizial in Sarajewo eingesetzt und mit der Errichtung von Desinfektionsanlagen und Krankenbaracken betraut.

Nach Wien zurückgekehrt trat er 1920 der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs bei und dürfte sich den folgenden Jahren vor allem mit der Planung von Wohn- und Geschäftsbauten beschäftigt haben.

1922 oder 1923 plante Theophil Niemann eine herrschaftliche Villa für den Fabrikanten Moritz Schlesinger. Das Gebäude wurde unter Verwendung von Stahlbeton errichtet – es dürfte eine der ersten Stahlbetonkonstruktionen in Wien gewesen sein – und erscheint trotz einer Vielzahl von vertikalen und horizontalen sowie plastischen Gliederungselementen als blockhafter, wohlproportionierter Bau. Nach mehreren Besitzerwechsel wurde die Villa 1958 von der Evangelischen Kirche in Österreich zwecks Unterbringung der evangelischen Frauenschule gekauft und ist seit 2002 Teil des Evangelischen Zentrums.

1928 gewann Theophil Niemann mit seinem Bruder Ing. Ernst Niemann den 3. Preis im Wettbewerb für den Bau eines Warm- und Hallenschwimmbades mit Wäscherei in Wiener Neustadt.

1931/32 wurde nach seinen Plänen das Volkswohnhaus am Ziehrerplatz im 3. Wiener Gemeindebezirk erbaut.

Als sein Hauptwerk gilt die von 1930 bis 1931 im Auftrag des Vereins der Evangelischen Glaubensgenossen des 13. Bezirks mit neugotischen Anklängen errichtete Kreuzkirche, die sogenannte „Hietzinger Kirche“ in Wien XIV., Cumberlandstraße 48.

Theophil Niemanns bekannte Bauten sind sowohl von traditionellen als auch von modernen Einflüssen bestimmt, in manchen Details stilistisch von der spätsecessionistischen Architektur und dem Heimatschutzstil. Die Vorliebe für Symmetrie entspringt der Tradition, die flache Behandlung der Fassaden der neuen, auf die Betonung des Baukörpers ausgerichteten Tendenz im Bauen.

 

Weblinks (Auswahl):

 

Literatur (Auswahl):

  • Waltraud Stangl: Die wechselhafte Geschichte des Hauses Severin-Schreiber-Gasse 1-3. In: „Wir haben hier keine bleibende Stadt“ (Hebräer 13,14). 100 Jahre Evangelische Frauenschule – Evangelische Religionspädagogische Akademie – Kirchliche Pädagogische Hochschule. Hg. von Siegfried Kreuzer / Dagmar Langer / Helene Miklas. Wien: Evangelischer Presseverband in Österreich 2018, S. 89-108.

Interessante Informationen über die Tätigkeit Theophil Niemanns in Bosnien-Herzegowina verdanke ich Herrn Haris Zaimović, Direktor des Historischen Archivs Sarajevo.