Zwinglis Bibliothek zählte etwa 300–350 Bände, was an der oberen Grenze einer zeitgenössischen Gelehrtenbibliothek lag.“ (Gäbler)

Um die Reichhaltigkeit dieser Bibliothek zu erfassen, war die Wissenschaft nicht nur auf Zwinqlls schriftliches Werk angewiesen, da ein Großteil der Bände erhalten geblieben ist. (Heute aufbewahrt in der Zentralbibliothek Zürich.) Identifizierbar sind die Bücher relativ leicht, da der „intensive“ Leser Zwingli die meisten seiner Bücher mit vielen Randglossen versehen hat.

Diese Glossen sind eine wahre Fundgrube für die Forschung. „An Hand seiner Randglossen zu den neun Augustinbänden seiner Bibliothek könnte man fast seine ganze Theologie aufbauen.“ (Walter Köhler) Eine andere Glosse in den Werken von Pico de la Mirandola erzählt ein Erlebnis aus seiner Studentenzeit in Wien: „Das ist mir auch begegnet, als ich ein Billetlein nach Hause schickte; es sollte dem Vater meinen Lebenslauf, meinen Wandel, mein Studium empfehlen und zählte schließlich meine Musik, die Instrumente mitsamt den Geselligkeiten auf. Aber der Vater sagte: Ich möchte lieber einen Philosophen als einen Komödianten.“ – Die Spannung mit dem Vater scheint also ein Kennzeichen für alle großen Reformatoren zu sein!

Nach Fächern geordnet enthält die Bibliothek 87 philosophisch/literarische, 208 theologische, 3 juristische und 2 medizinische Werke, 33 Bände Flugschriften, darunter eine ganze Reihe von bibliophilen Kostbarkeiten. Erhalten ist Zwinglis Brevier mit Eintragungen von seiner Hand (graphologisch gesichert wie bei den Randglossen), das Corpus iuris canonici, sowie die Lehrbücher, denen er seine großartige Kenntnis der antiken Sprachen verdankt: „Cato, teutonice expositus“ (1494) die lateinische Schulfibel; die „Isagoge“ des Chrysoloras, die Grammatik des Aldus Manutius (Venedig 1515), etliche Lexika etc. für Griechisch; von Reuchlin die „Rudimenta Hebraica“, „De accentibus et orthographia linguae Hebraicae“, etc. für Hebräisch; dazu natürlich Ausgaben der Bibel in allen drei Sprachen.

Humanisten und Theologen

Joh. Franz Picus v. Mirandula
Ulrich v. Hutten – 6 Bände Martin
Bucer – 9 Bände
Martin Luther – 25 Bände, u.a.
de potestate papae, Basel 1519
Das Magnificat 1521
Übersetzung des Neuen Testamentes, Basel 1524
Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, 1525
Sermon von dem Sakrament des Leibes und Blutes Christi wider die Schwarmgeister, Wittenberg 1526
Philipp Melanchthon – 7 Bände, u.a. loci communes, Basel 1521
Wolfgang Capito – 6 Bände
Joh. Bugenhagen – 5 Bände
Andreas Karlstadt – 2 Bände
Erasmus v. Rotterdam – 22 Bände, u.a.
Novum testamentum, Basel 1519
De libero arbitrio, Basel 1524
Johann Eck – 7 Bände, u.a. die falsch on warhaftig Verfürisch Leer Ulricij Zwingli, Ingolstadt 1526
Johann Faber – 6 Bände, u.a. ein freintliche geschrifft Doctor Johann Fabri an Ulrich Zwingly, Tübingen 1526
Balthasar Hubmaier – 4 Bände von Ketzern und ihren Verbrennern, 1524
Johannes Oekolampad – 15 Bände

Antike Autoren

Homer – lIias, per Laurentium Vallensem e Greco in Latinum translata, Leipzig 1512
Plato – opera, Venedig 1513
Aristoteles – opera, Venedig 1495
Euripides – tragoediae duae, Basel 1518
Aristophanes – Komödien, Basel?
Aesop – via et fabulae, Basel 1518
Demosthenes – opera, Venedig 1504
Plutarch – vitae, Venedig 1502
losephus Flavius – opera, verschiedene Ausgaben
Cicero – 4 Bände, u.a. de officiis, Paris 1498
Caesar – de bello Gallico, Venedig 1513
Livius – historiae, Venedig 1518–21
Ovid – metamorphoses
Vergil – opera, Florenz 1517
Horaz – poemata, versch. Ausgaben
Sallust – de coniuratione Catilinae, Straßburg 1513
Tacitus – historia Augusta, de moribus et populis Germaniae, Basel 1519
Seneca – epistolae
Plautus – comoediae
luvenal – satyrae, Nürnberg 1497
Plinius – naturae historiarum libri, Hagenau 1518
Aulus Gellius – noctes Atticae, Venedig 1515
Pomponius Mela – Libri de situ orbis hrgs. von Vadian. Wien, Singrenius 1518

Kirchenväter

Athanasius – opera, Paris 1520
Eusebius – opera bzw. historia ecclesiastica
Gregor v. Nazianz – apologeticus, Straßburg 1508
Gregor v. Nyssa – Iibri octo, Straßburg 1512
Basilius – opera, Paris 1520
Chrysostomus – opera, Basel 1517
Johannes Damascenus – de fide orthodoxa
Augustinus – opera, Basel 1506
Hieronymus – opera, Basel 1516
Tertullian – opera, versch. Ausg.
Cyprian – opera, Basel 1520
Irenäus – adversus haereses, Basel 1523
Thomas v. Aquin – opera

Aus: Erika Fuchs, Imre Gyenge, Peter Karner, Erwin Liebert, Balázs Németh: Ulrich Zwingli Reformator. Die Aktuelle Reihe Nr. 27, S. 28–29.