Mitterbach am Erlaufsee ist eine Gemeinde im Bezirk Lilienfeld in Niederösterreich und liegt an der Wallfahrtsstraße nahe Mariazell.

Mitte des 18. Jahrhunderts rief das Stift Lilienfeld Holzknechte an den Ötscher. Die meisten von ihnen waren Geheimprotestanten aus dem Salzkammergut (Gosau, Goisern, Schladming, …); sie siedelten sich ab 1747 mit ihren Familien in den damals noch kaum berührten Urwäldern der Ostalpen an und mussten ihren Glauben bis 1781 im Verborgenen bei Hausandachten ausüben – manche Familien besitzen noch Bibeln und Andachtsbücher aus jener Zeit.

1784 konnte endlich die Evangelische Pfarrgemeinde A.B. Mitterbach als erste evangelische Pfarrgemeinde Niederösterreichs gegründet werden. Lange Zeit war sie die einzige evangelische Pfarrgemeinde in Niederösterreich. Doch Gemeindeglieder, die in Nachbargegenden (u.a. St.Aegyd, Naßwald) ausgewandert sind, wurden vielfach ein fester Kern neuer evangelischer Gemeinden.

Die evangelische Kirche in Mitterbach wurde 1785 als Toleranzbethaus errichtet. Das Altarbild ist von der katholischen Fürstin Lichnowsky im Gedenken an ihren evangelischen Gatten gespendet worden. Die beiden Engel im Altarraum stammen aus der einst auf dem Schagerfeld (im „Hagengrund“?) für die Pastorierung der Holzknechte errichteten katholischen Filialkirche „St. Johann in der Wüste“. Sie sind nach Auflösung dieser Filiale im Jahr 1788 von den Evangelischen gekauft worden. 1849 erhielt das Bethaus einen Turm und wurde so zur Kirche. 1854 wurde die vom Wiener Orgelbauer Theodor Koblitz stammende Orgel eingebaut, 1868 eine Turmuhr und ein marmorner Taufstein. Die Glocken stammen von 1924. Die bunten Glasfenster bezeugen den Dank der Kriegsheimkehrer. 2016 erfolgten umfangreiche Restaurierungsarbeiten, die 2017 mit dem Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs ausgezeichnet wurde.

Die Toleranzkirche im niederösterreichischen Mitterbach. Foto: epd/Uschmann (https://evang.at/tag-des-denkmals-in-mitterbach/)

Das Gemeindehaus ist 1817 als Schulhaus erbaut worden und erhielt 1846 sein heutiges Aussehen. In Mitterbach wurde bereits 1786 eine Schule gegründet, denn für Protestanten war die Schule damals ebenso wichtig wie die Kirche. 1938 ist sie aufgelöst worden.Um immer wieder vorkommende ärgerliche Akte der Intoleranz bei evangelischen Beerdigungen auf katholischen Friedhöfen zu vermeiden, wurde 1800 ein eigener Friedhof errichtet.

 

Weblinks (Auswahl):

 

Literatur (Auswahl):

  • Evangelisches Österreich. Ein Gedenkstättenführer. Herausgegeben von Bischof Oskar Sakrausky. Wien (1981) S. 102-103.