Josef Dirnbeck und Peter Karner haben den Genfer Reimpsalter von Matthias Jorissen bearbeitet

„Denn wir finden keine besseren und geeigneteren Lieder, als die Psalmen Davids, die der Heilige Geist gegeben und gedichtet hat. Wenn wir also diese Lieder singen, so können wir gewiss sein, dass uns diese Worte von Gott in den Mund gelegt wurden, so als ob Er selbst in uns singen würde, damit wir Seine Ehre verherrlichen.“ (Johannes Calvin)

Natürlich enthält jedes Gesangbuch auch etliche Psalmen, das ist auch im gegenwärtigen Gesangbuch der evangelischen Kirchen in Österreich, dem EG I, so. Aber die Freude am Psalmensingen verlangt nach dem vollständigen Psalter, insbesondere in der Reformierten Kirche. Das ist auch ihre Tradition. 1889 hat die IV. Generalsynode H.B. den Wiener Gemeinden den Psalmengesang speziell empfohlen. Und die VIII. Wiener Superintendentialversammlung hat im selben Jahr die „Bearbeitung der Psalmen von Jorissen, Elberfeld 1876“ eingeführt. An diese Tradition, den ganzen Psalter im Gottesdienst zu verwenden, knüpft das neue Psalmenbuch an, aber eben jetzt zusammen mit der Lutherischen Kirche. Bereits 1595 hat die Generalsynode beider Kirchen beschlossen, dass es in Zukunft nur mehr gemeinsame Gesangbücher geben würde. Auch mit dem Interesse der römisch-katholischen Kirche ist zu rechnen, nicht zuletzt deshalb, weil einer der Autoren, Josef Dirnbeck, ein bekannter katholischer Publizist ist.

Jorissens Psalmen wurden im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts nicht nur neu aufgelegt, sondern bei diesen Gelegenheiten immer auch – in mehr oder weniger gelungener Weise – verbessert und revidiert. Was jedoch bis jetzt noch nie unternommen – um nicht zu sagen: in dieser Radikalität bisher noch von niemandem gewagt wurde -, ist eine wirklich umfassende Revision des gesamten Textes. Genau dies ist jedoch die Aufgabe, die das Autorenteam unternommen hat. Ziel der Neubearbeitung der Jorissen-Psalmen ist es nicht, die Texte eines Kollegen aus der Goethezeit gleichsam zu „modernisieren“. Im Gegenteil: Es wurde streng darauf geachtet, kein Wort zu verwenden, das nicht auch Jorissen verwendet hätte. Es war die Tätigkeit von Restauratoren, die verblasste und brüchig gewordene Stellen eines alten Bildes so auszubessern, dass man die einzelnen Ausbesserungen möglichst gar nicht merkt, dass aber am Ende das Gemälde in neuer Frische vor Augen steht.

Das Ziel war, Jorissen als Jorissen zum Leuchten zu bringen. Darum galt es, maßvoll vorzugehen. Ein Übermaß an Änderungen hätte die Jorissen_-psalmen ihres Charmes beraubt. Die Psalmentexte wurden von Klaus Hehn mit den Melodien des Genfer Psalters versehen. Dabei wurde die Ausgabe „Le Psautier francais, les 150 psaumes de la Réforme“ in Paris, verwendet. In ihr sind die Guillaume Franc, Loys Bourgeois und Pierre Davantés aus dem Zeitraum 1542 bis 1562 enthalten und darüber hinaus die Melodien aus Lausanne 1565, sodass nun zu 15 Psalmen eine Lausanner (Version A) und eine Genfer (Version B) Melodie vorliegt. Die in Genf tätigen Komponisten haben verschiedentlich altkirchliche lateinische Hymnen und Sequenzen intoniert und die offensichtlich sehr bekannten Straßburger Melodien (1525 bis 1539) für den französischen Text adaptiert. Der Gemeindegesang war unisono, also einstimmige Prosodie; auffallend isst die freie rhythmische Gestaltung der Melodien aus Lausanne. Die Ausgabe des französischen Psalters von 1995 enthält für alle Psalmen drei- und vierstimmige Sätze, großteils von den Genfer Komponisten des 16. Jahrhundert, ergänzt durch Harmonisierungen von Claude le Jeune; die Lausanner Melodien wurden neu harmonisiert, weil keine Ausgaben aus dem 16. Jahrhundert bekannt sind. Es ist geplant, diese Sätze in Ergänzung zum Psalmen-Gesangbuch als Orgel-/Chorbuch zu edieren.

 

Weblinks (Auswahl):