Die Entwicklung der Frauenarbeit innerhalb der Evangelischen Kirche H.B. verlief – wie es für die reformierten Gemeinden typisch ist – ganz unterschiedlich im Rahmen der Pfarrgemeinden und in deren Autonomie.

Dabei sind aber gewisse Gemeinsamkeiten zu beobachten: Zu Beginn waren es meistens Gattinnen von Pfarrern, die eine führende Rolle spielten. Deutlich geht dies aus dem Bericht der Pfarrgemeinde Wien Süd hervor, herausgegeben anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Frauenkreises. Im Abschnitt über ihre Pfarrer findet sich folgende Bemerkung:
Auch ihre Frauen waren gefordert und nahmen die Herausforderung auch an: Minna Haberl war Gründerin des Frauenvereins in Favoriten, auch Frau Thomas half eifrig mit. Und was wäre Wie-Süd ohne Rosa Rogler gewesen, ohne die gelernte Kindergärtnerin, die jahrelang den Kindergarten und das Sonnenland managte? Elfriede Wenzl war viele Jahre noch als Krankenschwester berufstätig und gleichzeitig eifrig um den Frauenkreis bemüht.

Bis 1924 gab es in Wien nur eine Pfarrgemeinde H.B. in Wien, die Reformierte Stadtkirche in der Inneren Stadt, Dorotheergasse 16.
Ende des 19. Jahrhunderts war es – nach dem Zuzug von vielen Reformierten in die Hauptstadt der Monarchie – in den südlichen Bezirken Wiens zur Einrichtung einer Predigtstation im 10. Bezirk gekommen. Als Folge großen Interesses an der Gemeinde, zu denen auch die Frauen eine Menge beitrugen, wurde 1903 ein „Frauen Näh- und Hilfsverein“ gegründet. Seine Aufgaben waren soziale und diakonische Dienste. Im Lauf des 20. Jahrhunderts war daraus das entstanden, was langläufig als „Frauenarbeit“ bezeichnet wird und eine Kernzelle der Gemeindearbeit darstellt(e).

Ähnlich war die Entwicklung im Bereich der westlichen Außenbezirke Wiens. Auch hier wuchs um die Jahrhundertwende der Anteil an Reformierten ständig an, die Gemeinde H.B. Wien West wurde gegründet. Christiane Német berichtet von Aktivitäten der Frauen vom Beginn der Pfarrgemeinde an, wobei hier die Beteiligung von engagierten „Laien“ möglicherweise ausgeprägter war.

Über einzelne Aktivitäten von Frauen in der Reformierten Stadtkirche ist detailliert nichts dokumentiert. Umgekehrt erfährt man aus Gemeindeberichten der Zwischenkriegszeit über soziale Hilfeleistungen wie z.B. Textilspenden für bedürftige Gemeindemitglieder in der Vorweihnachtszeit. Dazu muss immer auch erwähnt werden, dass es auch großzügige Spender in den Kreisen der Industriellen und Unternehmer der Pfarrgemeinde gab. Die Verantwortung über die Verteilung der Güter lag in den Händen von Frauen.

Was die Position von Frauen in Kirche und Gesellschaft betrifft, hat Frau Prof. Margarete Mecenseffy eine besondere Rolle gespielt. Selbst Professorin an der Wiener Evangelisch Theologischen Fakultät war sie auch Synodale H.B., in deren Rahmen – und auch in der Generalsynode – sie sich für die Gleichstellung der Theologinnen verdient gemacht hat. Neben ihrer umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit als Kirchengeschichtlerin hat sie sich aber auch um die „Laien“ gekümmert und dazu beigetragen, dass es Begegnungen zwischen reformierten Frauen aus verschiedenen Gemeinden gab. Später entwickelte sich daraus der „Reformierte Frauentag“, der bis heute eine regelmäßige Begegnungsmöglichkeit für die Frauen aus den Wiener, Oberwarter und Linzer reformierten Gemeinden darstellt. In den letzten Jahren ist es sogar gelungen, einige Vorarlbergerinnen dafür zu gewinnen, den weiten Weg nach Ostösterreich dafür auf sich zu nehmen.

Die Evangelische Frauenarbeit in Österreich

Für die Einbindung der Reformierten Frauenarbeit in die heute bestehenden Struktur der gesamtösterreichischen Evangelischen Frauenarbeit (EFA) ist Christiane Németh zu danken. Sie hat in unermüdlicher Kommunikations-Arbeit die heutige Struktur vorbereitet.

Als die Evangelische Frauenarbeit 1988 von der Generalsynode als Werk der Kirche anerkannt wird, ist in der „Ordnung der Evangelischen Frauenarbeit“, die Frauenarbeit in den Evangelischen Gemeinden H.B. bereits berücksichtigt. 1998 wird zur deutlicheren Unterscheidung von der Arbeit in den Diözesen der Kirche A.B. die Namensänderung in „Evangelisches Frauenforum H.B.“ für die Frauenarbeit innerhalb der Kirche H.B. festgelegt.

Reformierte Frauengruppen

In der Kirche H.B. in Österreich gibt es alle möglichen Formen von Frauengruppen: In der Gemeinde H.B. Linz besteht seit Jahrzehnten der sogenannte „Bastelkreis“, der 14-tägig zusammenkommt und durch Arbeiten für Basare einen guten Teil der Gemeinde-Finanzen einbringt. Hier spielen die Frauen eine ganz besondere – tragende – Rolle für die Pfarrgemeinde. Gleichzeitig sind aber diese Treffen das Kernstück der gemeinsamen Gemeinde-Aktivitäten.

Ähnlich ist die Situation der reformierten Gemeinde in Oberwart: Auch hier stellen die Frauen mit ihren Beiträgen die Mehrheit der Gemeinde-Aktivitäten. Was sie unterscheidet ist, dass die Leitung häufig beim Gemeindepfarrer liegt.
Die Bildung von Frauenkreisen mit feministischer Ausrichtung war ein Ergebnis der Frauenbewegung der Siebzigerjahre des 20. Jahrhunderts. So hat sich in der Gemeinde Bregenz neben einem seit langem bestehenden traditionellen Frauenkreis, in den Achtzigerjahren die „Kontaktgruppe“ gebildet. Sie versteht sich als ökumenische Frauengruppe, die gemeinsam Veranstaltungen ihres Interesses plant, durchführt oder besucht.

Auch in der Gemeinde Feldkirch gab es im letzten Jahrzehnt eine Fraueninitiative, geleitet von Hildegard Schäfer.
In den letzten Jahren treffen einander engagierte Frauen aus den Vorarlberger Gemeinden in unregelmäßigen Abständen und haben damit eine besondere Form von übergemeindlicher Zusammenarbeit entwickelt.

In der Gemeinde Wien Innere Stadt, wo es lange Zeit nur Ansätze zu Frauengruppen gegeben hat, aber keine Kontinuität dafür existierte, wurde in den Neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Frauengruppe unter dem Titel „Di Christenweiber“ gegründet. Sie war feministisch geprägt und bestand von 1992-2000. Neben feministischer Bibelauslegung beschäftigte sie sich mit unterschiedlichsten Problemfeldern aus der Lebenswirklichkeit von Frauen.

Weltgebetstag

Für Reformierte ist ökumenische Zusammenarbeit eine Selbstverständlichkeit. Daher wird die Feier des jährlichen Weltgebetstages der Frauen in allen Gemeinden wahrgenommen. Je nach lokalen Gegebenheiten sind die reformierten Gemeinden selbst Gottesdienst-Ort und/oder Frauen aus der Gemeinde wirken in der regionalen ökumenischen Weltgebetstagsgruppe mit.

Evelyn MARTIN