Ein Evangelisches Museum für Österreich

Der Gedanke, ein Evangelisches Museum zu errichten, tauchte gegen 1985 erstmals (nachdem ein ähnlicher, aber nie verwirklichter Gedanke von Georg Traar schon bald nach dem Krieg aufgegeben worden ist, wieder) auf und führte dazu, dass verschiedene Pläne gemacht wurden.

Am verlockendsten erschien dabei die Errichtung eines Evangelischen Museums im Gebäude des gerade infolge der Übersiedlung der niederösterreichischen Landesverwaltung von Wien nach St. Pölten frei gewordenen Landesmuseums (ehem. Palais Clary-Aldringen), wobei man sich anscheinend über die Kostspieligkeit und die Problematik, in einem  Barockpalais ein evangelisches Museum mit seinen eher bescheidenen Exponaten einrichten zu sollen, nicht ganz bewusst war. Immerhin war der Gedanke, in dem weitläufigen Bauwerk, das nach Zerstörungen im Krieg nach 1945 im Hintertrakt erweitert aufgebaut worden ist, so etwas wie ein Zentrum evangelischer Kulturarbeit ansiedeln zu können, also Museum, Zentralarchiv, eine evangelische Bibliothek mit historischem Forschungsinstitut unter einem Dach vereinigen zu können, nicht nur faszinierend, sondern auch durchaus sinnvoll.

Als sich das denn doch nicht verwirklichen ließ, und zwar vor allem deshalb, weil das Land Niederösterreich auf der Erstattung eines dem Wert angemessenen Kaufpreises bestand, aber auch im Gebäude des seit dem 16. Jahrhundert von den Ständen des Landes benützten Landhauses in unmittelbarer Nähe des Museumsgebäudes keine Räume für ein evangelisches Museum zur Verfügung gestellt wurden, suchte man nach einer anderen Möglichkeit.

Von den dabei überlegten  Plänen wäre wohl die Einrichtung eines bescheidenen, etwa 200 m2 großen Museums in Verbindung mit dem Bibelmuseum der realistischste und sinnvollste gewesen, zumal sich da Synergieeffekte ergeben hätten, sodass auch der Betrieb finanziell erträglich gewesen wäre. Auch dieser Plan wurde jedoch seitens der zuständigen kirchlichen Behörden abgelehnt, wobei dafür einerseits fehlender Bedarf, andererseits mangelnde finanzielle Mittel als Gründe angegeben wurden. Damit war der Gedanke an ein Evangelisches Museum vorerst einmal erledigt.

Der im Jahr 1992 gegründete Verein „Evangelisches Museum Österreich“ (EMÖ) blieb aber durch die Veranstaltung von Sonder-Ausstellungen – besonders die 1996/97 in der Österreichischen Nationalbibliothek gezeigte Ausstellung „Evangelische in Österreich“; im Herbst 2006 wurde die Wanderausstellung „Martin Luther. Der Reformator“ übernommen und in Klagenfurt, Linz und Wien präsentiert, – bestehen und lebendig, bis eine neue Idee auftauchte:

Es geht in diesem Projekt nicht mehr darum, an einem bestimmten Ort verschiedene Originale, Übersichten und Kopien zur evangelischen Geschichte und Identität zusammen zu tragen und in Vitrinen zur Schau zu stellen, sondern darum, in einem virtuellen Museum, also im Internet zunächst einmal besonders bedeutsame Objekte, die für die angegebenen Inhalte eben von besonderer Wichtigkeit sind, zu versammeln, abzubilden und knapp zu beschreiben. In einer zweiten Ebene sollen dann zu diesen auserwählten Objekten – sei es durch die Initiatoren, sei es auch durch interessierte Personen außerhalb des Boards of Editors, – weitere Objekte in ähnlicher Weise dargestellt werden, sodass nach und nach eine möglichst umfassende Dokumentation zum Thema „Evangelisch in Österreich“ erfolgt, die alle denkbaren und wichtigen Faktoren berücksichtigt.

Gustav Reingrabner

PS: Prof. Reingrabner hat an der Planung und Gestaltung des Evangelischen Museums Österreich maßgeblichen Anteil.