Leopold Kunrath über die Rolle sogenannter „Laien“ in der Evangelischen Kirche
Wie geht es Ihnen mit dem Begriff „Laie“?
Ich habe sehr große Schwierigkeiten mit dem Begriff Laien, weil man so schlechthin meint, Laien sind solche, die eigentlich davon nichts verstehen. Ich weiß, dass das in der Evang. Kirche nicht ganz so böse gehandhabt wird, trotzdem habe ich mit der Trennung zwischen geistlichen und weltlichen Mitarbeitern sehr, sehr große Schwierigkeiten. Ich behaupte immer, – und es gibt auch Leute, die das bestätigen, – dass es theologische und nichttheologische Mitarbeiter gibt, und dass hoffentlich beide geistliche Mitarbeiter sind.
Soweit zum Begriff. Ihre Tätigkeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter begann 1950 und dauerte dann über 50 Jahre. Sie bewegten sich in verschiedensten Gremien, auf unterschiedlichen Ebenen wie Pfarrgemeinde, Diözese, Superintendentialversammlung, Synode, bis hin zur gesamtösterreichischen Kirchenleitung als Landeskirchenkurator, oder Landeskurator, wie es jetzt heißt. Was waren die besonders schönen Augenblicke, die aus dieser vielfältigen Tätigkeit hängen geblieben sind, und umgekehrt die negativen, die Sie lieber aus Ihrer Erinnerung gestrichen hätten?
Eigentlich gibt es sehr wenig wirklich negative Erinnerungen. Vielleicht dann, wenn es nicht möglich war, Mittel für die Evangelische Jugend zu vermehren, wenn es etwa nicht möglich war, bestimmte Personen im Rahmen der Evangelischen Jugend zu beschäftigen. Es hat in der Kirchenleitung immer wieder Leute gegeben, die wahrscheinlich, weil sie selbst in der Jugendarbeit nicht tätig waren, nicht das Verständnis dafür gehabt haben, welche Wünsche die Jugend hat, und dass die Jugend immer etwas anders will, als gerade en vogue ist. Aber das war das Seltenere.
Viel häufiger sind da schöne Erinnerungen, wenn es möglich war z. B. für die Burg Finstergrün einen Weg zu finden, der finanziell tragbar ist. Jetzt ist das übrigens schon wieder vorbei, oder einen Weg zu finden, einen Mitarbeiter dort einzustellen, der die Burg wieder einigermaßen auf Vordermann bringen kann.
Zurück zur Ebene ehrenamtlicher Mitarbeit. Worin hat sich aus Ihrer Sicht die ehrenamtliche Tätigkeit in den 50er Jahren unterschieden vom ehrenamtlichen Engagement in der Gegenwart?
Das hängt, glaube ich, im Wesentlichen damit zusammen, dass ich in den 50er Jahren weniger gesehen habe, was es überhaupt gibt, was überhaupt passiert, und doch auch eine gewisse Angst gehabt habe vor den höheren Leuten in der Kirche. Wenn die etwas gesagt haben, war es ernst, das ist gestanden, so war es. Das ist dann im Laufe der Jahre geringer geworden, und am Schluss war es leider schon manchmal so, dass man gemeint hat das Resignieren ist nicht mehr weit weg.
Ehrenamtliche Mitarbeit ist ja sehr oft auch ein Lernen fürs Leben. Wie haben Sie das erlebt?
In der EJ habe ich gelernt, erstens in Gremien zu leben und zu arbeiten, Gremien zu leiten, und konnte dieses Erlernte in meinem Beruf als Technischer Kaufmann sehr gut anwenden.
Evangelische Kirche ist ja ohne die Mitarbeit von Ehrenamtlichen nicht denkbar, würde nicht funktionieren, sie ist elementarer Bestandteil. Wo sehen Sie die Rolle von ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Zukunft? Was braucht es da aus Ihrer Sicht?
Ich muss damit anfangen, dass es leider immer noch ein gegenseitiges „Nicht-so-recht-haben-Wollen“ zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern gibt. Ich habe das kürzlich wieder erlebt. Wenn das beseitigt werden könnte, wäre es leichter. Es hat aber Zeiten gegeben, in meiner Zeit, da war dieser Unterschied nicht erkennbar, und es hat auch Zeiten gegeben, da war er sehr deutlich, und da hat man Glück gehabt, wenn man überhaupt als Mensch anerkannt wurde. Aber Summa summarum war es positiv.
Danke für das Gespräch.
Interview: Thomas Dasek (epdÖ)