Aus den vielen kleinen Pfarr- und Ortsschulen, die es in der evangelischen Zeit Niederösterreichs gegeben hat, ragen einige wenige hervor. Zu diesen gehörten für kurze Zeit die Stadtschule in Krems, für einige Jahre auch die Stadtschule in Wiener Neustadt, vor allem aber die Schulen in Feldsberg (heute Tschechische Republik), Katzelsdorf bei Wiener Neustadt, Horn und Loosdorf. Sie hatten die Funktion zu übernehmen, die wegen der durch Rudolf II. im Jahre 1578 angeordneten Schließung der Landschaftsschule in Wien, von der es nur eine schmale Überlieferung gibt, am Sitz der Stände des Landes unter der Enns nicht mehr wahrgenommen werden konnte. Die meisten dieser Schulen hatten eigenständige, zum Teil auch gedruckte Schulordnungen. Neben der bereits nach der Schließung der evangelischen Schule in Krems im Ausland gedruckten Ordnung hat sich freilich nur die Loosdorfer Schulordnung, die für eine zwar bereits dort bestehende, aber wohl nur dreiklassige Schule erlassen wurde, erhalten. Sie blieb vom Zeitpunkt ihres Erscheinens mit gewissen Änderungen bis zum Aufhören der Schule infolge der Ausweisung aller evangelischen Prediger und Schullehrer durch Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1627 Grundlage der dort bestehenden höheren Schule (des Gymnasiums), für die Hans Wilhelm von Losenstein im Ort auch ein imposantes, noch erhaltenes Schulgebäude erbauen hat lassen.

Die Ordnung für die fünfklassige Schule entsprach durchaus dem, was damals als Standard für evangelische Gymnasien galt. Sie wurde weithin nach dem Vorbild der in Straßburg bestehenden Verhältnisse gestaltet (die Schulgesetze wurden sogar wörtlich übernommen) und wollte  als Ideal die Schüler, die aus allen Ständen kamen, zur sapiens et eloquens pietas, dem humanistisch-protestantischen Ideal erziehen. Die Schule stand unter dem Herrschaftsinhaber, der Pfarrer hatte Inspektions- und Aufsichtsrechte, die Landstände zahlten ab 1592 eine jährliche Subvention. Als Verfasser der Ordnung gilt Pfarrer Balthasar Masco.

(Gustav Reingrabner)

Loßdorffische Schůlordnung : Auff befelch deß Wolgeborn Herren, Herrn Hanns Wilhelmen, Herrn zů Losenstein vnnd Schallenburg &c. gestelt, im[m] Jar nach Christi Geburt. M.D.LXXIIII.  Augsburg, Schönig 1574
Melk, Stiftsbibliothek
(Nachdruck Loosdorf : Ytong ; 1974)

 

Literatur (Auswahl):

  • Helene Miklas, Die Geschichte der Hohen Schule zu Loosdorf von 1574 – 1627, In: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich, Jahrgang 116, Leipzig 2000-2001, S.64 ff.
  • Gottfried Adam: Schule und Schulordnung von Loosdorf (1574-1624) – ein bemerkenswertes Beispiel evangelischer Bildungsverantwortung. In: Kompetenzorientiert unterrichten, Wien [u.a.], 2013 . – S. 123-