Badekleid aus dem Besitz von Emilie Flöge, Entwurf: Salon Schwestern Flöge (um 1910). Ausgestellt in der sog. Klimt-Villa (Wien, Österreich) Urheber Manfred Werner (Tsui)

Ihr Salon war der führende Modetreffpunkt Wiens um die Jahrhundertwende, einer Mode, die sich emanzipatorisch aus dem Korsett befreite und dem »Reformkleid« eine besondere künstlerische Note gab. Modische und individuelle Freiheit konnte Emilie Flöge auch in ihrem Arbeitsstil verwirklichen. Sie hatte ein fotografisches Gedächtnis und nahm nur mit den Augen Maß. In Zusammenarbeit mit ihren Schwestern Pauline und Helene, Künstlern wie Gustav Klimt und der Wiener Werkstätte entwarf sie Kleider, die sie auch selbst vorführte. In ihrer Werkstätte ließ sie auch 20 Entwürfe von Gustav Klimt nähen und trug insgesamt wesentlich zur Popularisierung des Reformkleids bei. Aus ihren Sammlungen textiler Volkskunst aus Österreich und der Slowakei, aus afrikanischen und asiatischen Ländern holte sie sich ebenso Anregungen wie aus Besuchen bei internationalen Modeschöpfern wie Coco Chanel und Christian Dior.

Schon im späten 18.Jahrhundert wurde das Korsett von Ärzten als äußerst gesundheitsschädlich eingestuft. Anders als das Reformkleid in Deutschland, das wegen seiner strengen Sachlichkeit nicht so großen Erfolg hatte, wurde das Wiener Künstlerkleid in seiner Ornamentik ein großer Erfolg. 1903 wurde die Wiener Werkstätte unter Josef Hoffmann gegründet, 1904 eröffnete Emilie Flöge ihre zweite Werkstätte »Casa Piccola« in der Wiener Mariahilfer Straße 1b. Der Modesalon »Schwestern Flöge«, der über längere Zeit 80 Schneiderinnen beschäftigte, wurde von Josef Hoffmann gestaltet.

Sie war selbst nicht nur Modeschöpferin, sondern auch Lebenspartnerin von Gustav Klimt und gehörte zum Kreis der Wiener Secession. Ab dem Sommer 1898 verbrachte sie mit Gustav Klimt und ihrer Familie die Ferien am Attersee im oberösterreichischen Salzkammergut. Emilies Bruder Hermann war mit Therese, der Tochter des Wiener Hoftischlermeisters Friedrich Paulick, verheiratet, und dieser hatte sich eine hübsche Sommervilla in Seewalchen am Attersee bauen lassen. Klimt liebte diese Sommer mit Emilie, die ihm zumindest zwei Monate Ruhe von den aufreibenden Intrigen in Wien gönnten. Ab 1938 verlor Emilie Flöge ihre Klientel, zog in den dritten Bezirk (Ungargasse 39), wo sie während der Kriegsjahre arbeitete. Am Ende des Zweiten Weltkriegs verbrannten in ihrer Wohnung sowohl ihre Trachtensammlung als auch wertvolle Gegenstände des Klimt-Nachlasses.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 63–64