Sein Werk »Fragen und Ethik« 1930 setzte sich mit den berühmten »absoluten Werten« auseinander. Nach Schlick gab es die nicht. Das gefiel den Austrofaschisten, Konservativen und Deutschnationalen gar nicht. Außerdem war die Rezeption jüdischer Wissenschaftler wie Albert Einstein ein Ärgernis. Der von Moritz Schlick gegründete Wiener Kreis erregte besonders wegen seiner internationalen Beziehungen und Teilnehmer Aufsehen. Es war eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftstheoretikern, die sich von 1922 bis 1936 unter der Leitung von Moritz Schlick wöchentlich in Wien trafen und die Welt verändern wollten – die wissenschaftliche und sicher auch die politische. Alles war im Fluss und die Frage der Erkenntnis eine Schlüsselfrage neuerer Entwicklungen. Während Hitler dann in Europa Krieg führte, wanderten die Wissenschaftler des Wiener Kreises und andere aus, entwickelten ihre Theorien in Amerika weiter und brachten letzten Endes den wissenschaftstheoretischen Kick für das Computerzeitalter.

Eines der Hauptanliegen des logischen Empirismus war es, genaue Kriterien angeben zu können, nach denen man philosophische Methoden als gültig bzw. ungültig beurteilen kann. Wichtiges Motiv dafür war der Vergleich zwischen der Entwicklung der empirischen Wissenschaften sowie der Mathematik einerseits und der Philosophie andererseits. Während bei den empirischen Wissenschaften und der Mathematik ein belegbarer Zuwachs an Erkenntnis zu verzeichnen war, bestritten die logischen Empiristen einen solchen Fortschritt in vielen wesentlichen Gebieten der Philosophie – trotz oder wegen der jahrtausendelangen Tradition. Verantwortlich gemacht für diese Diskrepanz wurde, neben dem Mitteilungsproblem, eben das Fehlen von möglichst exakten Kriterien zur Beurteilung von philosophischen Methoden. Bekannte Mitglieder des Kreises waren Rudolf Carnap, Otto Neurath, Herbert Feigl, Philipp Frank, Friedrich Waismann und Hans Hahn. Sie wurden gelegentlich von Hans Reichenbach, Kurt Gödel, Carl Gustav Hempel, Alfred Tarski, Willard Van Orman Quine und Alfred Jules Ayer besucht, der ihre Arbeit in Großbritannien bekannt machte. Viele Mitglieder des Kreises verließen Österreich in der Zeit des Austrofaschismus. Der philosophische Ansatz des Kreises wurde unter der Bezeichnung Logischer Empirismus (auch Logischer Positivismus) bekannt. Er war beeinflusst durch Ludwig Wittgenstein (mit dem sich einige Mitglieder des Kreises für einige Zeit regelmäßig trafen), Bertrand Russell, George Edward Moore, David Hilbert, Henri Poincare, Albert Einstein, Karl Popper und Gottlob Frege. Karl Popper, der nie an den Treffen des Kreises teilnahm, entwickelte seinen Ansatz, den er Kritischen Rationalismus nannte, in Auseinandersetzung mit und in Abgrenzung zum Logischen Empirismus des Wiener Kreises.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 126-127.