Virtueller Rundgang von Johannes Leitner, Archiv der Evangelischen Kirche in Österreich.

In den Bezirken Leopoldstadt und Brigittenau wohnten im Jahr 1909 bereits mehr als 6000 Evangelische A.B. Ein Kirchenbauverein war gegründet worden und beabsichtigte, anlässlich des Regierungsjubiläums des Kaisers eine Jubiläumskirche zu bauen. Am 16. April 1909 wurde der Ankauf des 1.300 Quadratmeter großen Baugrundes Am Tabor und in der Trunnerstraße von der Gemeinde genehmigt und aus den nach einer Ausschreibung des Presbyteriums der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. eingelangten Entwürfen wurde das Projekt „Ein veste Burg“ des Architektenduos Siegfried Theiss und Hans Jaksch gewählt. Am 2. Juni 1914 erfolgte die Grundsteinlegung. Wegen Ausbruch des Ersten Weltkriegs konnten bis 1915 nur das Pfarrhaus sowie die Fundamente der Kirche fertiggestellt werden. Erst im Jahre 1926 wurde der Bau bis auf den Turm vollendet und am 1. Adventsonntag feierlich eingeweiht. Er erhielt den Namen „Verklärungskirche“ nach dem 1926 von dem der Gemeinde nahestehenden deutschen Maler Adolf Wolf-Rothenhan (1868–1953) geschaffenen Fresko im Bogenfeld vor dem Altarraum.

Während des 2. Weltkrieges wurde die Kirche stark beschädigt. Ab 1947 sind die Schäden nach und nach beseitigt worden. Durch diverse An– und Umbauten, vor allem im Innenbereich, (Kanzel, Predigtpult, Taufbecken) sowie die Vollendung des Turms im Jahr 1965 erhielt die Verklärungskirche ihr heutiges Aussehen.

Die Verklärungskirche ist ein basilikaler Bau in neuromanischem Stil mit halbrundem Chorschluss und Glockenturm. Die mit einer reliefartigen Kreuzigungsgruppe über dem Haupteingang geschmückte Giebelfassade wird von zwei kleinen abgerundeten Türmen, die ein der Fassade vorgelagerter Bodengang verbindet, flankiert.

Foto von Johannes Leitner

Im Inneren wird das tonnengewölbte Mittelschiff von sehr schmalen durch Arkaden abgetrennten Seitenschiffe begleitet. Der schlichte Altarraum ist um sechs Stufen erhöht: im Mittelpunkt steht das große Kreuz, davor befindet sich der auf einem zweistufigen Podest stehende Altartisch. Links und rechts davor sind Predigtpult und Taufbecken platziert. Eine Kanzel war beim Bau der Kirche nicht vorgesehen, es gab zunächst nur ein Predigtpult. Die Kanzel wurde später, wahrscheinlich gleichzeitig mit dem Taufbecken, angeschafft und hat das Predigtpult ersetzt. Seit etwa 1998 gibt es zusätzlich zur Kanzel ein neues Predigtpult, welches sich optisch an der Kanzel und am Taufbecken orientiert.

Das namensgebende Fresko, das die Verklärung des Herrn darstellt, welche, passend zum Standort der Kirche, mit dem Tabor in Verbindung gebracht wird, wurde 1945 beim Deckeneinsturz schwer beschädigt und von Dr. Erwin Schneider leicht verändert wieder instandgesetzt.

Die Fenster der schmalen Seitenschiffe sind zum Teil schon beim Bau der Kirche von Gemeindegliedern gespendet worden und wurden dann nach und nach eingefügt – das letzte Fenster ist 1962 fertiggestellt worden. Sie erinnern an wichtige protestantische Persönlichkeiten. Im Vorraum befinden sich weitere geschmückte Fenster.

Die großen Fenster im Hauptschiff wurden beim Bau der Kirche zunächst in normalem, durchsichtigem Glas ausgeführt, da zu dieser Zeit kein Geld für eine künstlerische Gestaltung vorhanden war. Erst zu Pfingsten des Jahres 1963 wurden die neuen, bleigefassten bunten Fenster des Mittelschiffs eingeweiht. Der Entwurf stammt von Prof. Storch und zeigt die acht Hauptartikel des Vater-Unser.

Die Orgel wurde in den Jahren 1961 bis 1962 von Johann M. Kauffmann erbaut. Sie ersetzte die aus dem Jahr 1926 stammende, 1945 schwer beschädigte und nach dem Krieg nur notdürftig instandgesetzte Orgel der Firma Hopferwieser aus Graz. Der Unterbau der alten Orgel ist jedoch erhalten geblieben und für die neue Orgel wieder verwendet worden.

Erst im Jahr 1965 konnte die Fertigstellung des Turms und die Anschaffung einer Glocke in Angriff genommen werden. Der Turm wurde allerdings nicht nach dem Originalplan von Theiss und Jaksch sondern nach dem des Architekten Dipl.Ing. Rudolf Angelides errichtet. Der ursprüngliche Entwurf hatte einen höheren Turm als den heutigen vorgesehen, mit einer Turmuhr unterhalb der Glocke(n) und einem runden Dach.

Die Glocke stammt von der Wiener Glockengießerei Pfundner. Sie ist eine aus Zinnbronze gegossene Oktavglocke in der Tonlage gis 1, hat einen Durchmesser von 96 cm und wiegt 507 kg. An der Glockenkrone befinden sich je zweimal das Landeswappen von Wien sowie die Lutherrose. Die Inschrift lautet: „Erhalt uns Herr, bei Deinem Wort — Am Tabor 1965“

Das Pfarrhaus, ein zweigeschoßiger Bau, ist mit der Kirche verbunden und weist Runderker, Laubengänge sowie ein Walmdach auf.

Der Pfarrgarten bildet eine wunderschöne grüne Oase mitten im dicht verbauten Stadtgebiet. Er wird vielfältig genutzt, sei es für Kinder- und Jugendveranstaltungen, den Gemeindeheurigen sowie für Feste nach Konfirmation, Taufen und Trauungen; im Sommer finden auch Gartengottesdienste statt.

 

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