Vom 16. bis ins 18. Jahrhundert wurde ein Großteil der in Wien verstorbenen Protestanten auf dem Kaiserlicher Gottesacker vor dem Schottentor, ab 1704 Mariazeller Gottesacker genannt, bestattet.

Dieser Friedhof befand sich zwischen der heutigen Währingerstraße und der Alserstraße, etwa im Bereich des 8. und 9. Hofes des alten Allgemeinen Krankenhauses und ist 1570 oder 1576 von der Hofkammer als neuer Friedhof für das Bürgerversorgungshaus angelegt worden.

Ursprünglich ohne konfessionelle Trennung, wurde dieser Friedhof 1598 um einen etwas kleineren Teil für die Beerdigung von Protestanten und Angehörigen anderer christlicher Religionen erweitert, was in der damaligen Zeit sehr selten gewesen ist. Er war von einer Mauer umgeben, ein turmähnliches Portal mit Kuppel bildete den Eingang und ein Bogengang trennt die beiden Teile des Friedhofs. In der Mitte des katholischen Teils ist 1702 vom Benediktinerorden eine Kapelle errichtet worden, in der sich eine Nachbildung des Mariazeller Gnadenbildes befand  von dem sich der Name „Mariazeller Gottesacker“ ableitet. Vom Aussehen der Grabmäler ist wenig bekannt, doch soll der Friedhof wegen seiner prunkvollen Grüfte und Kreuzgänge der schönste Friedhof Wiens gewesen sein. Wiener protestantische Bürgertestamente aus den Jahren 1578 bis 1627 dokumentieren, dass protestantische Handelsherrn und evangelische Ständemitglieder in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens viel zu seiner Ausgestaltung beigetragen haben. Er wurde daher zeitweilig sogar für eine evangelische Stiftung gehalten.

Vor dem Schottentor 1609. Links die Alservorstadt mit dem kaiserlichen Gottesacker. In der Mitte die Währinger Straße mit dem Abhang des Schottenpoints zur Roßau mit dem bürgerlichen Schießplatz.    Aus Wikimedia Commons

Nach der Türkenbelagerung von 1683 war der Friedhof verwüstet, konnte jedoch mit protestantischen Geldern nochmals aufgebaut werden.

Ab der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts ist er mit kurzen Unterbrechungen vom Benediktinerorden verwaltet worden, trotzdem fanden hier weiterhin auch Protestanten, vor allem angesehene fremde oder zeitweilig in Wien residierende Protestanten, ihre letzte Ruhe.

1783 wurden der Kaiserliche bzw. Mariazeller Gottesacker, wie alle Wiener Friedhöfe innerhalb des Linienwalls im Rahmen der Josephinischen Reformen aus Sanitätsrücksichten aufgelassen und das Areal verbaut. Den Evangelischen wurde freigestellt, eigene Friedhöfe zu errichten oder ihre Toten auf den in den Vororten neu errichteten Kommunalfriedhöfen (Sankt Marxer FriedhofHundsturmer FriedhofMatzleinsdorfer FriedhofWähringer FriedhofSchmelzer Friedhof) zu bestatten – die Vorsteher der lutherischen und der reformierten Gemeinde in Wien entschieden sich für die Gemeinsamkeit der Friedhöfe „als Zeugnis ihrer Verträglichkeit und brüderlichen Liebe“. Folglich wurden die „Akatholiken“ in Wien, im Wesentlichen ohne Schwierigkeiten, bis ins sechste Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts auf den römisch-katholischen Friedhöfen bestattet.

 

Literatur (Auswahl):

 

Weblinks (Auswahl):

 

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