Virtueller Rundgang von Johannes Leitner, Archiv der Evangelischen Kirche in Österreich.

Zwecks die Organisation, Betreuung und Erhaltung der neu zu errichtenden Martin Luther Kirche in Hainburg wurde 2007 der gemeinnützige Verein „Freunde der evangelischen Kirche in Hainburg/Donau“ gegründet. 2008 konnte von der Stadt Hainburg jenes Grundstück im Zentrum erworben werden, auf dem die Martinskirche gestanden ist, in der während der Reformationszeit evangelische Gottesdienste gefeiert wurden. Sie war während der 2. Türkenbelagerung schwer beschädigt und nicht mehr aufgebaut worden.

2009 erfolgten die vom Bundesdenkmalamt vorgeschriebenen archäologischen Untersuchungen des Grundstückes und die Baugenehmigung.

Den Planentwurf für die neue Kirche hat der aus Hainburg stammende Architekten DI Wolf D. Prix, Architekturbüro Coop Himmelb(l)au, seiner Heimatstadt und der evangelischen Pfarrgemeinde zum Geschenk gemacht. Der Bau ist von der Baufirma Haderer als Generalunternehmer mit den Handwerksbetrieben aus der nahen Umgebung innerhalb von 15 Monaten ausgeführt worden.

Als Einweihungstag wurde auf Anregung von Professor Piero Bordin der 30. April 2011 festzugesetzt, denn auf den Tag genau 1.700 Jahren davor hat Kaiser Galerius im Namen aller vier damals regierenden Kaiser das Toleranzedikt von Nikomedia erlassen, welches das Christentum zur religio licita (erlaubten Religion) machte und die Christenverfolgungen im Römischen Reich beendete.

Aus Wikimedia Commons; Urheber E-W

Die Kirche hat eine zur Straße gerichtete, vor- und zurückspringende Glasfassade, eine auffallende Dachkonstruktion, welche die Rundungen des nahegelegenen romanischen Karners aufnimmt, und einen zwanzig Meter hohen, freistehenden, in sich gedrehten, schlanken Glockenturm mit einer Öffnung für die Glocke und einem darüber liegenden Kreuz.

Die außergewöhnliche 30 Tonnen schwere, silbern schimmernde Dachkonstruktion, wurde vom Schiffbauunternehmen Ostseestaal angefertigt. Die Glocke in dem an eine Stimmgabel erinnernden Glockenturm stammt von der Innsbrucker Glockengießerei Grassmayr, besteht aus 22 Teile Zinn und 78 Teile Kupfer, wiegt 130kg und hat einen unteren Durchmesser von 60cm.

Der Gebäudekomplex besteht aus einem Zentralraum, einem angeschlossenen Gemeindesaal und mehreren Nebenräumen, wie Sakristei, Sanitäreinrichtungen und Büroräumen. Die Räume sind lichtdurchflutet und bis auf den Kirchenraum puritanisch in Weiß gehalten.

Für den auf die Glasfassade hin ausgerichteten Andachtsraum hat der Architekt eine neue Form des Kanzelaltars entworfen: Kanzel und Altar befinden sich deutlich getrennt in einer Ebene. Die große Öffnung im unteren Teil des Altars wird als leeres Grab interpretiert und symbolisiert mit dem dahinterstehenden Kreuz der perforierte Altarwand aus Holz die christlichen Hauptthemen Kreuzigung und Auferstehung. Die drei ausgestülpten, zum Himmel zeigenden Lichtöffnungen werden von der Gemeinde als „Zeichen der Trinität“ gesehen.

Foto von Johannes Leitner

2018 wurde die Truhenorgel der Werkstatt von Jens Steinhoff angeschafft. Sie ist speziell auf die sensible Akustik der Hainburger Kirche abgestimmt und Dank ihrer kompakten Ausmaße sowie des geringen Gewichts gut transportierbar. Für den „Dekor“ des Gehäuses hat man nach längeren Diskussionen mit einem getrennten „Schirm“ vor der Orgel eine kreative sowie den Gegebenheiten ideal angepasste Lösung gefunden.

Die Martin Luther Kirche in Hainburg zählt weltweit zu einem der beeindruckendsten sakralen Bauwerke der zeitgenössischen Moderne.

Das Gebäude wurde zu einem Austauschort für die Ökumene und konnte sich dank seiner hervorragenden Akustik und der Möglichkeit, Platz- und Bestuhlungsverhältnisse auf verschiedene Situationen anzupassen, auch im kulturellen Geschehen Hainburgs als ein würdiger Konzert- und Ausstellungsort sehr gut positioniert.

 

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