Quelle: Sport und Salon, 8 March 1900.
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Mit Alexander Girardi wurde die Tochter eines wohlhabenden Papierfabrikanten aus Sachsen eine der bekanntesten Volksschauspielerinnen und zum Publikumsliebling der Wienerinnen und Wiener. Sie spielte an vielen Wiener Bühnen, aber auch in vielen Städten Deutschlands und ganz Europas. Große Erfolge feierte sie als das Annerl im »Pfarrer von Kirchfeld« (Ludwig Anzengruber) und als Rosl im »Verschwender« (Ferdinand Raimund) am neu gegründeten Raimundtheater 1893. 1898 trat sie erstmals im Neuen Theater in Berlin auf: in »Liebelei« von Arthur Schnitzler. Hier lernte sie ihren späteren Mann Josef Jarno (1866-1932) kennen, der von 1899 bis 1923 die Direktion des Theaters in der Josefstadt übernahm. Er war ein bedeutender Schauspieler und Regisseur. Sie folgte ihm an die Josefstadt. Jarno interessierte sich für das moderne Theater und führte u.a. Ibsen, Strindberg, Schnitzler und Shaw auf. 1905 kaufte er das Fürst-Theater, das er als »Lustspieltheater« neben seiner Tätigkeit in der Josefstadt leitete. 1926 von 1931 war er Direktor der Renaissance-Bühne in Wien.

Hansi Niese wurde am Brillantengrund geboren und zeigte schon sehr früh ihre darstellerische Begabung. Mit zwölf Jahren sprang sie für ein erkranktes Mitglied einer Wanderbühne ein und war seither Schauspielerin. Nach einem Engagement beim Schwender in Rudolfsheim debütierte sie ohne Berufsausbildung, die sie auch später nicht nachholte, 1890 in Znaim und wurde in der Folgezeit an verschiedenen Provinzbühnen in Operetten, Lustspielen, aber auch in klassischen Stücken, hauptsächlich im Rollenfach der Naiven und Sentimentalen, beschäftigt. 1893 wurde sie von Adam Müller-Gutenbrunn an das neu errichtete Raimundtheater verpflichtet und setzte sich als Charakterkomikerin sowie als Interpretin des Volks- und Lokalstücks durch. Im berühmten Unterhaltungs- und Konzertlokal »Etablissement Stalehner« (Jörgerstraße 22) hatte die Schauspielerin Hansi Niese-Jarno mit ihrem Bühnenpartner Alexander Girardi große Erfolge.

Mit dem Aufkommen der Wiener Operette feierte sie ebenfalls Triumphe: als Försterchristl etwa 1907. Nachdem Jarno sie nach seinem Tod 1932 mit einem gewaltigen Schuldenberg zurückgelassen hatte, zog sie sich in bescheidene Verhältnisse zurück. Die schon begonnene Arbeit beim Film – »Die große Liebe« (1931), »Husarenliebe« (1932) – führte sie fort.

 

Aus: Monika Salzer/Peter Karner: Vom Christbaum zur Ringstraße. Evangelisches Wien. 2., verbesserte Auflage, Wien 2009, S. 116-117.