Virtueller Rundgang von Johannes Leitner, Archiv der Evangelischen Kirche in Österreich.

Der U-förmige Gebäudekomplex besteht aus der Kirche, dem sich anschließenden zweigeschoßigem Pfarrhaus und der wiederum damit verbundenen eingeschoßigen Küsterwohnung. Diese drei Elemente gruppieren sich um einen quadratischen Innenhof, der durch eine Mauer mit Gittertor an der Hauptfront abgeschlossen wird. Der Kirchenvorplatz zur Schweglerstraße hin ist durch eine andere Form- und Farbgebung vom Gehsteig abgegrenzt.

Die Kirche hat eine einfache, wenig gegliederte Giebelfassade, die durch den kleinen Glockenturm aufgelockert wird. Die von außen frei sichtbare Glocke ist ein Geschenk der Gemeinde Gais, Kanton Appenzell in der Schweiz. Der Eingang direkt von der Straße wurde erst während des Baus auf Wunsch der Bauherrn geschaffen. Der ursprüngliche Eingang war vom Hof her vorgesehen.

Der schlichte Kircheninnenraum ist mit flacher Holzdecke und Empore ausgestattet. Drei Stufen führen zum Abendmahlstisch; hinter diesem steht das Taufbecken vor einer glatten roten Wand, die lediglich mit dem Bibelzitat: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. (Joh. 14,6 in der Übersetzung der Lutherbibel) in goldfarbiger Schrift geschmückt ist. Diese Wand war ursprünglich in dunklem Blaugrau gehalten und der Wandspruch in weißer Schrift lautete anfangs: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in alle Ewigkeit. (Heb. 13,8)

Foto von Johannes Leitner

Rechts vom Abendmahlstisch befindet sich die Kanzel aus Holz mit einer Reliefbüste Zwinglis vom Bildhauer Karl Jedlicka aus dem Jahr 1946.

Die bunten Kirchenfenster an der rechten Seitenwand wurden 1955 eingesetzt. Bis 1945 befanden sich an ihrer Stelle Fenster mit kunstvollen Glasmalereien der Maler Keppel und Stepan. Der ornamentale Bilderzyklus darunter ist jüngeren Datums und stellt die vier Elemente „Erde“, „Wasser“, „Luft“ und „Feuer“ dar.

Die Orgel auf der Empore wurde 1905 von der Firma Rieger gebaut. Sie war ursprünglich eine Zimmerorgel und gehört nicht zur anfänglichen Ausstattung der Kirche.

Im zweigeschoßigen Pfarrhaus befinden sich die Pfarrkanzlei, die Sakristei und ein Gemeindesaal für 130 Personen.

Die Bemühungen um den Bau der Kirche haben schon bald nach der Gründung der Predigtstation in der Thaliastraße begonnen. 1909 wurde ein Kirchenbaufonds angelegt und durch zahlreiche Spenden gefüllt. Dank einer erneuten Spende des Industriellen Philipp Wilhelm von Schoeller in Höhe von 100.000 Kronen konnte ein Grundstück am Rande der Schmelz in der Schweglerstraße im 15. Wiener Gemeindebezirk für den späteren Kirchenbau erworben werden und im Mai 1914 wurde ein Planungs-Wettbewerb ausgeschrieben. Der 1. Weltkrieg und die Inflation verhinderten jedoch alles Weitere.

Als die Zahl der Gemeindeglieder in der ersten Hälfte der 1930er Jahre stark anstieg und der Betsaal in der Thaliastraße zu klein wurde, hat man das Kirchenbauvorhaben wieder aktiviert. Mit der Planung sowie der Leitung des Baues der neuen Kirche wurden die Architekten Siegfried Theiss und Hans Jaksch beauftragt. Baubeginn war am 28. August 1936, die feierliche Grundsteinlegung fand am 27. Sept. 1936 statt und das Kirchweihfest am 20. Juni 1937.

Die Finanzierung erfolgte durch die Hilfe von Kirchen in der Schweiz, in Holland und Deutschland, durch den Erlös aus dem Verkauf der Räumlichkeiten in der Thaliastraße, durch eine Sammlung unter den Gemeindegliedern, die Vortragstätigkeit von Pfarrer Thomas in der Schweiz, in Deutschland sowie in Ungarn, und die Aufnahme eines Bankkredits.

Während des Luftkrieges im Zweiten Weltkrieg entstanden 1945 große Schäden am Dach der Kirche und des Pfarrhauses. Die daraufhin erfolgte Sanierung der Zwinglikirche konnte mit großer Anstrengung und der Hilfe des Gustav-Adolf-Vereins bereits im März 1946 abgeschlossen werden.

Die Zwinglikirche stellt im evangelischen Kirchenbau im Österreich der Ersten Republik gemeinsam mit der Kreuzkirche und der Verklärungskirche den Höhepunkt der Entwicklung dar, auf althergebrachte kirchenarchitektonische Gliederungsprinzipien zu verzichten und der Funktionalität einen hohen Stellenwert einzuräumen. Stilistisch steht sie der Seipel-Dollfuß-Gedächtniskirche von Clemens Holzmeister nahe.

 

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